Selbst zum Präsidenten vereidigt: Lukaschenkos totaler Realitätsverlust
Wie ein Mafia-Boss hat sich Alexander Lukaschenko ins Amt eingeführt. Die Inszenierung zeigt, dass er seinen eigenen Lügen nicht mehr glaubt. Ein Kommentar.
Alexander Lukaschenko hat sich im kleinen Kreis seiner Getreuen selbst zum Präsidenten von Belarus vereidigt. Ohne die übliche Ankündigung, ohne Tamtam. Für die Zeremonie war Lukaschenko unter großem Sicherheitsaufgebot durch kurzfristig freigeräumte Straßen der Hauptstadt Minsk kutschiert worden. Den Ort der Handlung sperrten schwer Bewaffnete weiträumig ab. Radio und Fernsehen übertrugen den klandestinen Vorgang nicht, obwohl sich der Autokrat das per Gesetz hatte garantieren lassen.
Die hermetisch abgeschirmte Veranstaltung weckte Assoziationen an die Einführung eines neuen Mafiapaten in die „Familie“. Insofern war die Inszenierung - ungewollt - stimmig. Und sie zeigt auch, dass Lukaschenko seiner eigenen Lüge nicht mehr glaubt, er sei von 80 Prozent der belarussischen Wähler zum Präsidenten bestimmt worden.
Lukaschenko hat jegliche Legitimität verloren, sich als Staatschef von Belarus aufzuspielen. Legal war seine Herrschaft sowie so nicht, denn er hat schon viele Wahlen fälschen lassen. Er hat auch das Ergebnis dieser Abstimmung gefälscht, daran lässt außer ihm - zumindest offiziell - nur der russische Präsident Wladimir Putin Zweifel zu. Und selbst der wäre Lukaschenko am liebsten los.
Aber nicht durch die Revolution, die seit fast zwei Monaten eine überfällige Umwälzung in Belarus vorantreibt. Lukaschenko jedoch erklärt diese Revolution für beendet. Wenn es noch einen letzten Beleg dafür brauchte, dass dem Autokraten jegliches Verständnis der Wirklichkeit abgeht - seine Inauguration hat ihn anschaulich geliefert.