Norbert Röttgen: "Luftangriffe in Syrien im Kampf gegen IS nötig"
Norbert Röttgen spricht im Interview über den Kampf gegen die Terrormiliz IS, die Gründe für Luftschläge auch auf syrischem Hoheitsgebiet und Deutschlands Beitrag im Bündnis gegen die islamistischen Terroristen
Herr Röttgen, Deutschland ist Teil einer Allianz zur Bekämpfung der Terrormiliz IS unter Führung der USA. Präsident Obama hat nun Luftschläge nicht nur im Irak, sondern auch in Syrien angekündigt. Ist das nötig und richtig?
Es ist notwendig, um das Ziel zu erreichen, das der amerikanische Präsident richtigerweise definiert hat, nämlich den IS zu schwächen und am Ende auch militärisch niederzuringen. Wenn das Erfolg haben soll, muss man auch dort militärisch eingreifen, wo die Terrormiliz ihren Hauptsitz hat, und das ist auf syrischem Gebiet.
Die irakische Regierung hat die US-Luftschläge gegen den IS auf ihrem Territorium angefordert. Die syrische Regierung lehnt ein solches Eingreifen der USA energisch ab. Gibt es trotzdem eine völkerrechtliche Rechtfertigung für das Vorgehen in Syrien?
Für mich steht die politische Begründung im Vordergrund: Assad führt Krieg gegen sein eigenes Volk, dabei sind nach Schätzungen 200.000 Menschen getötet worden. Assad kann kein Partner der USA oder des Westens bei der Bekämpfung von Terrorismus sein.
Russland, ein Partner Assads, warnt die USA vor einer Verletzung der syrischen Souveränität. Nun wirft der Westen Russland wegen dessen Vorgehen in der Ukraine gerade einen Bruch des Völkerrechts vor. Schwächt der Westen nicht seine Position, wenn die USA in Syrien angreifen?
Es geht bei diesem Militäreinsatz nicht nur um die Wahrung von Sicherheitsinteressen der Europäer und der USA. Es geht im Kern um einen humanitären Einsatz, das ist die eigentliche Legitimation. Wir sehen doch jeden Tag die schrecklichen Bilder von Vertreibungen und Massenmorden. Ich habe aber auch von Anfang an dafür geworben, dass der Westen alles tun sollte, um die Völkergemeinschaft zusammenzubringen. Der Westen sollte nichts unversucht lassen, um eine Resolution des UN-Sicherheitsrates zu verabschieden, die der IS-Miliz politisch und militärisch den Kampf ansagt.
Was würde ihr Vorschlag für Russland bedeuten?
Der Westen würde Russland damit anbieten, in einem internationalen Konflikt eine konstruktive Rolle zu spielen. Das könnte positive Auswirkungen auf den Ukraine-Konflikt und das Verhältnis Russlands zum Westen haben. Wenn Russland aber als Veto-Macht im Sicherheitsrat eine Resolution gegen die IS-Milizen blockieren würde, hätte es jede Glaubwürdigkeit eingebüßt, wenn es dann weiter ein Vorgehen der USA ohne UN-Mandat kritisieren wollte. Eine politische Blockade des Sicherheitsrates durch Russland könnte politisch legitimieren, dass die Welt der humanitären Katastrophe nicht tatenlos zusieht, welche den IS verursacht hat.
Warum hält sich die Bundesregierung so zurück bei der Forderung nach einem UN-Mandat?
Es mag daraus auch die Sorge sprechen, dass Russland sich einer Resolution gegen den IS im Sicherheitsrat verweigert. Das kann passieren. Aber wir sollten nichts unversucht lassen.
Welche besondere Aufgabe hat Deutschland bei der Schaffung eines politischen Rahmens für den Kampf gegen den IS?
Was wir besonders einbringen können, sind unsere Glaubwürdigkeit, unsere Kontakte und unsere Gesprächsfähigkeit in der Region. Ich denke dabei an die arabischen Länder, aber auch an den Iran. Deutschland genießt bei vielen dieser Akteure ein großes Vertrauen, das können wir einbringen.
Ihre Fraktionskollegen Philipp Mißfelder und Karl-Georg Wellmann bringen den Einsatz der Bundeswehr beim Kampf gegen den IS ins Spiel – was ist Ihre Meinung?
Ich habe nicht gehört, dass die Amerikaner um deutsche Militärhilfe für den Kampf gegen den IS nachgefragt hätten. Deshalb stellt sich die Frage für mich nicht.
Ein Bündnis von 10 Nato-Staaten hat sich zum Kampf gegen den IS zusammengetan, darunter Deutschland. Könnte es nicht sinnvoll sein, die gesamte Nato am Kampf gegen den IS zu beteiligen?
Die gesamte Nato unterstützt den Kampf gegen den IS, das hat der Gipfel in Wales gezeigt. Dass man aus allen 28 Mitgliedern eine operative Gruppe bildet, die ihre Beiträge koordiniert, halte ich für das richtige Vorgehen.
Norbert Röttgen ist der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Norbert Röttgen (CDU).