zum Hauptinhalt
Lkw warten in Dover auf die Abfahrt, nachdem die Fahrer getestet wurden.
© Steve Parsons/PA Wire/dpa
Update

Corona-Tests für tausende Trucker: Lkw rollen wieder am Ärmelkanal – aber langer Rückstau

Die Grenze zwischen Großbritannien und Frankreich ist wieder geöffnet. Doch viele Fernfahrer werden es zu Weihnachten nicht nach Hause schaffen.

Nach tagelangem Stillstand rollen die Lastwagen in Südostengland wieder, es geht aber nur langsam voran. Vom wichtigen britischen Hafen Dover sowie durch den Eurotunnel können nun wieder Güter nach Frankreich übersetzen. Noch immer warten Tausende Fahrzeuge in Südostengland, darunter schätzungsweise Hunderte aus Deutschland. Vertreter der Grafschaft Kent zeigten sich überzeugt, dass sich schon bald mehr Lastwagen auf den Weg machen können. Voraussetzung für die Einreise in die EU ist ein negativer Corona-Test.

Der britische Verkehrsminister Grant Shapps bat die Fahrer um Geduld. Er mahnte, sie müssten den Anweisungen folgen, „damit der Verkehr ins Rollen kommt“. „Es wird eher Tage als Wochen dauern, aber es ist Geduld vonnöten“, sagte Shapps der BBC.

Shapps twitterte, es gebe trotz des Starts der Tests weitere schwere Verzögerungen. Er rief Lastwagenfahrer auf, Kent weiterhin zu vermeiden. „Eine Ankunft in dem Gebiet wird Ihre Fahrt verlangsamen.“

[Wenn Sie die wichtigsten Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere runderneuerte App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Nachdem sich eine neue, möglicherweise noch ansteckendere Variante des Coronavirus in Großbritannien ausgebreitet hatte, hatte Frankreich die Grenzen geschlossen. Schnell stauten sich zahlreiche Lastwagen in der Region rund um Dover. Nach tagelangen Verhandlungen gab es eine Einigung. Doch zunächst mussten die britischen Behörden Teststationen einrichten. Dabei half auch das Militär mit etwa 170 Einsatzkräften.

Weil trotz der Ankündigung, dass die Grenzen wieder geöffnet sind, lange kein Vorankommen war, verloren einige Fahrer die Geduld. In Dover kam es zu Zusammenstößen mit der Polizei, mindestens ein Mann wurde festgenommen. Die Situation sei weiter angespannt, hieß es am Mittwochabend aus der Kommunalverwaltung. Auf dem stillgelegten Flughafen Manston gut 30 Kilometer nördlich von Dover, wo mehr als 3700 Fahrzeuge abgestellt waren, soll ein Polizeiwagen beschädigt worden sein.

Einige Lkw-Fahrer gerieten mit der Polizei aneinander.
Einige Lkw-Fahrer gerieten mit der Polizei aneinander.
© John Sibley/Reuters

„Wir haben nur zwei mobile Essensstationen für vielleicht 2000 Fahrer“, zitierte die Nachrichtenagentur PA einen polnischen Trucker. „Wir warten zwei Stunden im Regen auf den Hamburger.“ Alle seien verärgert und hungrig.

Handelsverbände warnen, dass es wegen der langen Verzögerungen zu Versorgungslücken etwa bei Obst und Gemüse kommen könnte, das Großbritannien zu großen Teilen aus der EU importiert. „Bis der Rückstau aufgehoben ist und sich die Lieferketten normalisiert haben, erwarten wir Probleme mit der Verfügbarkeit einiger frischer Waren“, sagte Andre Opie, der beim Handelsverband BRC für Lebensmittel zuständig ist.

Um mit Lieferungen auszuhelfen, flog die Lufthansa 80 Tonnen Obst und Gemüse mit einer Frachtmaschine nach England. Auch der Touristikkonzern TUI half aus und ließ mehrere Sonderflüge mit Waren und Corona-Test-Material von Amsterdam und Brüssel nach London starten.

Die britische Supermarktkette Tesco hatte am Dienstag angekündigt, einige Produkte des täglichen Bedarfs zu rationieren, etwa Eier, Reis, Toilettenpapier und Seife. Viele Menschen hatten Hamsterkäufe getätigt und die Regale einiger Produkte leer geräumt. Die deutsche Fluglinie Lufthansa kündigte angesichts der Situation an, frisches Obst und Gemüse nach Großbritannien zu fliegen.

Der französische Spediteur-Verband FNTR beklagte, die Situation der Fernfahrer sei „bei weitem nicht gelöst“. Die Lage sei schlimm, es fehle an den nötigen Corona-Tests, an Lebensmitteln und Informationen, sagte eine Sprecherin zu AFP. Viele hätten zudem keinen Zugang zu Toiletten und Sanitäranlagen.

EU-Verkehrskommissarin Adina Valean hat Frankreich die Schuld an dem Lastwagen-Chaos in Südostengland gegeben. „Ich verurteile, dass sich Frankreich gegen unsere Empfehlungen gerichtet und uns wieder in die Situation gebracht hat, in der wir im März waren, als die Lieferketten unterbrochen waren“, twitterte Valean in der Nacht zum Donnerstag.

Valean lobte die britische Seite. Die Behörden würden 300 Fahrer in der Stunde testen. „Ich freue mich, dass in diesem Moment Lastwagen langsam den Ärmelkanal überqueren.“ Die Kommissarin rief die EU-Mitgliedstaaten auf, Ruhezeiten zu lockern und Feiertags-Fahrverbote aufzuheben, damit die Fahrer noch rechtzeitig zu Weihnachten zu ihren Familien zurückkehren können. (dpa)

Zur Startseite