Polstermöbel: Lizenz zum Lümmeln
Kantige Sofaecken sind passé. Bei ihren neuesten Entwürfen setzen Designer vielmehr auf weiche Kurven. Das klingt nach einer ganz schön runden Sache.
Sofas sind das Herzstück des Wohnzimmers, die Lümmelecke vor dem Fernseher, die Heimat der Couchpotatos. Trends machen diesen Möbelstücken wenig aus, denn sie müssen oft eine ganze Dekade durchhalten. Große Experimente sind daher selbst auf den Möbelmessen in Köln und Mailand nicht zu erwarten – wohl aber ein Spiel mit neuen Formen und Materialkombinationen.
So scheinen sich in diesem Jahr fast alle Designer darauf geeinigt zu haben, dass die kantige Sofaecke ausgedient hat. Stattdessen herrschte in Köln auf der Möbelmesse IMM 2016 der Eindruck vor, dass runde Formen und weiche Polster das Gebot der Stunde sind. Bei Walter Knolls Modell „Isanka“ zum Beispiel fächert sich die Rückenlehne wie eine Muschel auf. Sitzfläche und Lehne gehen wie aus einem Stück ineinander über. Auf diese Weise erscheint das Sofa wie aus einem Guss. Dass es dabei nicht plump wirkt, erreichten die Designer des Wiener Büros EOOS durch sichtbare Nähte auf dem glatten Sattelleder.
Eine Sofaecke muss nicht eckig sein
Ähnlich in der Form, aber graziler dank seiner Beine aus Metall wirkt das Sofa „DS-373“ des Schweizer Leder-Spezialisten deSede. Es besteht aus fünf Millimeter starkem Neckleder, das aus den Nacken kräftiger Bullen stammt. Es zeichnet sich durch eine abwechslungsreiche, zu Falten tendierende Oberfläche aus, die jedes Möbelstück zu einem Unikat werden lässt. Zu der Form des Sofas inspirierte Häberli übrigens ein kleiner Lederelefant vom Flohmarkt: Wahrscheinlich weist er ähnliche Knautschspuren auf wie das Leder an den angedeuteten Armlehnen.
Dass eine Sofaecke tatsächlich eckig sein muss, mit dieser Annahme räumt Sebastian Herkner auf. Der junge Offenbacher hat das Sofa „freistil 169“ gestaltet. Inspiriert habe ihn zu seinem ersten Couch-Entwurf für die Rolf-Benz-Marke Freistil die abgerundete Winkelform eines Kiosks, sagt der Designer. Die Sitzecke lässt sich dank ihres modularen Aufbaus auf vielerlei Arten kombinieren und zusammensetzen. Unter anderem ist sie in einer Stoff-Holz-Kombination zu haben.
Auch für die von Sebastian Herkner kuratierte Ausstellung „Das Haus“ auf der IMM entschied er sich für ein halbrundes Sofa. Die Besucher konnten dort in „Mangold“ der schwedischen Architekten Claesson Koivisto Rune sinken, das in mintgrünem Samt schmeichelt und von der italienischen Firma Arflex produziert wird. Für Claesson Koivisto Rune ist das Sofa ein echtes Allroundtalent: „Wir meinen, dass zahllose Kombinationsmöglichkeiten ,Mangold‘ passend machen für alle Einrichtungssituationen, in denen ein komfortables Sofa benötigt wird“, kommentieren sie ihren Entwurf.
Es gibt keinen Trend ohne Gegenbewegung
Doch wie in der Mode gibt es keinen Trend ohne Gegenbewegung. Ziemlich zackig kommt das Sofa „Pilotis“ von Cor daher. Mit seiner großzügigen Sitzfläche eignet es sich wunderbar als Rückzugsort zum Entspannen. Ebenfalls von Cor ist das Sofa „Trio“: Während die Polster nach außen hin gerade geschnitten sind, sind die Sitzflächen von innen gerundet. Das kommt irgendwie bekannt vor. Kein Wunder, das Redesign geht auf einen Entwurf aus dem Jahr 1972 zurück. Sein Charakteristikum ist damals wie heute die doppelte Außennaht.
Einen alten Entwurf holte 2016 auch ligne roset aus der Schublade. Die Franzosen brachten das Vollschaumsofa „Plumy“ von Annie Hieronimus neu heraus. Es erinnert an ein großes Kissen, in das man sich sofort hineinfallen lassen möchte. Das Design ist bereits 35 Jahre alt, aber dennoch wirken der locker sitzende Bezug und die aufklappbaren Sitzkissen nur allzu zeitgemäß.
Wer auch auf der Terrasse nicht auf den gemütlichen Sofakomfort verzichten möchte, der sollte ein Modell aus B&B Italias Outdoor- Kollektion in Erwägung ziehen. Das Sofa „Gio“ beispielsweise ist wetterfest und macht mit seinen fluffigen Polstern jeder Hollywoodschaukel Konkurrenz. Schließlich brauchen auch Couch-Potatos mal ein wenig frische Luft.