Grünen-Politikerin Göring-Eckardt: "Linker Ministerpräsident in Thüringen wäre für uns kein Tabubruch"
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt bescheinigt der Linkspartei in Thüringen, einiges zur Aufarbeitung ihrer SED-Vergangenheit getan zu haben. Mit der Linken im Bund hat sie deutlich mehr Probleme.
Die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Katrin Göring-Eckardt, hat sich grundsätzlich offen gezeigt für ein rot-rot-grünes Bündnis in Thüringen mit einem Ministerpräsidenten der Linkspartei an der Spitze. Die aus Thüringen stammende Politikerin sagte in einem Interview mit dem Tagesspiegel am Sonntag, die CDU regiere in diesem Bundesland seit 1990. "Da kann ein Wechsel der Demokratie nur gut tun."
Die Linkspartei in Thüringen sei "eine sozialdemokratische Partei und hat einiges zur Aufarbeitung ihrer SED-Vergangenheit getan". Weiter betonte sie: "Ein linker Ministerpräsident wäre dort für die Grünen kein Tabubruch."
Bei der Wahl im Herbst in Thüringen strebt der dortige Linken-Fraktionschef Bodo Ramelow an, die künftige Landesregierung zu führen. Seine Partei liegt in Umfragen deutlich vor der SPD. Gemeinsam haben Linke, SPD und Grüne gute Chancen, CDU und die voraussichtlich ebenfalls ins Landesparlament einziehende AfD zu überrunden. Derzeit regieren CDU und SPD gemeinsam.
Deutlich kritischer bewertete Göring-Eckardt die Linke auf Bundesebene. Sie bezeichnete die prorussische Haltung der Linksfraktion in der Ukraine-Krise als Hindernis für eine rot-rot-grüne Koalition im Bund.. "Mit einer Linken, die in der Außenpolitik so unverantwortlich agiert, können wir keine Regierung bilden", sagte die Grünen-Politikerin.
Zugleich warf Göring-Eckardt Linksfraktionschef Gregor Gysi vor, er dulde die Verunglimpfung von Grünen-Politikern als Sympathisanten faschistischer Kräfte durch Mitglieder seiner Fraktion. "Ich bin für harten Streit. Aber es ist absurd und unverschämt, Grüne als Nazi-Sympathisanten zu verunglimpfen." Gysi kritisiere "solche Entgleisungen" nicht, "er drückt sich vor einer Klarstellung", sagte sie. Damit wolle der Linken-Fraktionschefin offensichtlich "auch die Wähler binden, die sich durch solche radikalen Töne angesprochen fühlen".
Gysi sei im Bundestag "bestimmt nicht" der Oppositionsführer, sagte Göring-Eckardt weiter. "Der klopft doch nur Sprüche. Und seine Fraktion macht, was sie will, vor allem in der Außenpolitik. Da mache ich mir wirklich Sorgen."
Mehrere Vertreter des linken Flügels der Linken-Bundestagsfraktion hatten die Grünen im Streit um die Ukraine-Politik scharf kritisiert, unter anderem die NRW-Abgeordneten Ulla Jelpke und Sevim Dagdelen. Der Linken-Außenpolitiker Wolfgang Gehrcke hatte erklärt: "Im Deutschen Bundestag sind momentan die Grünen der rechte Rand des Bundestages."
Das vollständige Interview lesen Sie im gedruckten Tagesspiegel am Sonntag sowie ab 19.30 Uhr im e-paper.
Cordula Eubel, Matthias Meisner, Hans Monath