zum Hauptinhalt
Die Bürger halten Mariano Rajoy für den schlechtesten Regierungschef seit Franco.
© Reuters

Spanien: Linke Protestpartei liegt in Wählergunst ganz vorne

Die Empörung der Nation kennt keine Grenzen. Immer neue Korruptionsskandale bringen den spanischen Regierungschef Mariano Rajoy und seine konservative Regierung in Bedrängnis. Die Serie der Affären könnte sie bei der Parlamentswahl 2015 die Macht kosten.

Nach der neusten Umfrage von „El Pais“, der größten Zeitung Spaniens, stürzt Mariano Rajoys konservative Volkspartei, die derzeit noch mit absoluter Mehrheit regiert, in der Wählergunst auf schlappe 21 Prozent. Der jungen Protestpartei Podemos („Wir schaffen es“), die erst Anfang des Jahres gegründet wurde, fliegen derweil die Sympathien zu: Podemos, die aus der Bewegung der „Empörten“ entstand, wuchs demnach fast über Nacht mit fast 28 Prozent zur stärksten Partei. Gefolgt von den Sozialisten mit 26 Prozent.
„Ein politisches Erdbeben“ kündige sich an, titelt „El Pais“ in einem Leitartikel, „angetrieben durch die Wut der Bürger.“ Niemand zweifelt an dieser explosiven Stimmungslage im Königreich. „Wir sind das Resultat des Desasters“, sagt der Wortführer der Aufsteiger-Partei Podemos, Pablo Iglesias.

Auch andere Umfragen bestätigen den Trend

Nicht einmal das staatliche Meinungsforschungsinstitut CIS, das eher für die regierungsfreundlichen Nachrichten zuständig ist, widerspricht dem Eindruck, dass sich Rajoys Regierungspartei auf Talfahrt befindetund die Empörten-Partei zu einer mächtigen Volksbewegung geworden ist: In der neusten CIS-Wahlumfrage klettert Podemos auf beachtliche 22,5 Prozent, liegt aber noch knapp hinter den Sozialisten (23,9 Prozent) und den regierenden Konservativen, die auf 27,5 Prozent fielen. Erst vor kurzem musste Rajoy wegen der Korruptionsaffären in seiner Partei öffentlich um Entschuldigung bitten. „Ich verstehe den Zorn der Bürger.“ Und er ahnt, dass die Vorwürfe gegen etliche seiner Weggefährten die kleinen wirtschaftlichen Hoffnungsschimmer zu überdecken drohen: Die Korruption sei besonders schlimm in Zeiten, „wo die Spanier große Opfer bringen mussten“, gab Rajoy kleinlaut zu.Löhne, Renten sowie Ausgaben für Bildung, Gesundheit und Soziales sind gekappt worden.

Immer neue Korruptionsskandale

Etliche prominente Parteifreunde Rajoys sind unter Korruptionsverdacht geraten: Sein früherer Schatzmeister Luis Bárcenas sitzt deswegen in Untersuchungshaft. Ex-Parteigeneralsekretär Angel Acebes wurde wegen mutmaßlicher Schwarzgeldgeschäfte beschuldigt. Dem ehemaligen Wirtschaftsminister Rodrigo Rato wird Untreue vorgeworfen. Jaume Matas, einst konservativer Umweltminister und Regionalfürst der Balearen-Inseln, wurde wegen Bestechlichkeit verurteilt. Und nun kam auch noch eine neue gigantische Korruptionsaffäre ans Licht, in deren Gefolge mehr als 50 zumeist konservative Volksvertreter, Spitzenbeamte und Unternehmer beschuldigt wurden.
An der konservativen Parteibasis gärt es. Die interne Kritik an Rajoy, der als langjähriger Parteichef selbst unter Verdacht steht, dem illegalen Treiben tatenlos zugesehen und sogar mitgemischt zu haben, wächst.

Was sich auch darin spiegelt, dass die Bürger ihn in den Umfragen als schlechtesten Regierungschef seit Ende der Franco-Diktatur im Jahr 1975 einschätzen. Laut der CIS- Umfrage vom Herbst 2014 hat die große Mehrheit der Bürger, genau 87 Prozent, „wenig oder gar kein Vertrauen“ mehr in Rajoy. Keine guten Vorzeichen, um Spanien in eine bessere Zukunft zu führen.

Zur Startseite