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Chef der international anerkannten Regierung Libyens, Fajes al Sarradsch.
© Emmanuel Dunand/AFP
Update

Forderung an Libyen-Konferenz: Libysche Regierung will internationale Schutztruppe

Ein Ziel der Libyen-Konferenz in Berlin ist eine dauerhafte Waffenruhe. Zu deren Überwachung könnte auch ein Einsatz der Bundeswehr nötig werden.

Der Chef der international anerkannten Regierung Libyens, Fajes al Sarradsch, hat kurz vor der Berliner Libyen-Konferenz eine internationale Schutztruppe für sein Land gefordert. Wenn General Chalifa Haftar seine Offensive nicht einstelle, müsse "die internationale Gemeinschaft aktiv werden und zwar auch mit einer internationalen Truppe zum Schutz der libyschen Zivilbevölkerung", sagte al Sarradsch der "Welt am Sonntag".

Deutschland bereit zu militärischen Beitrag, sagt Kramp-Karrenbauer

"Eine solche Schutztruppe muss unter dem Dach der Vereinten Nationen agieren", forderte al-Sarradsch. Fachleute müssten beraten, wer daran teilnehme, "etwa die EU oder die Afrikanische Union oder die Arabische Liga". Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hatte zuletzt eine Schutztruppe der EU für Libyen vorgeschlagen. Das Land gilt als wichtigstes Transitland für Migranten, die über das zentrale Mittelmeer in die EU gelangen wollen.

Zuvor hatte bereits die Bundesregierung signalisiert, dass sie sich darauf einstelle, zur Absicherung eines Waffenstillstands in dem Land auch einen militärischen Beitrag zu leisten. Sollte auf dem Treffen ein Waffenstillstand vereinbart werden, der international abgesichert werden muss, dann wären Bundeswehr und Verteidigungsministerium „sehr schnell in der Lage, zu sagen, wie unser Beitrag aussehen kann“, sagte Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) am Samstag.

Wenn in Berlin ein „nachhaltiger Waffenstillstand“ verabredet werde, „dann wird natürlich auch die Frage kommen: Wer soll das absichern?“, sagte die CDU-Chefin vor der Libyen-Konferenz in Berlin. „Dass Deutschland sich auch mit der Frage auseinandersetzen muss, was können wir tun, ist normal.“

Zahlreiche Staats- und Regierungschefs sowie weitere hochrangige Regierungsvertreter kommen am Sonntag in Berlin zusammen. Ziel ist es, ein Ende der Kampfhandlungen im libyschen Bürgerkrieg zu erreichen.

Besuch beim Warlord: Außenminister Heiko Maas (SPD) erhielt von Milizchef Chalifa Haftar in Bengasi die Zusage, dass dieser zur Libyen-Konferenz nach Berlin kommen wolle.
Besuch beim Warlord: Außenminister Heiko Maas (SPD) erhielt von Milizchef Chalifa Haftar in Bengasi die Zusage, dass dieser zur Libyen-Konferenz nach Berlin kommen wolle.
© Auswärtiges Amt/Xander Heinl via REUTERS

Auch die SPD zeigte sich offen für diesen Fall. Der Einsatz Deutschlands für eine Eindämmung des Stellvertreterkriegs in Libyen ende nicht mit der Konferenz, sagte SPD-Fraktionsvize Gabriela Heinrich dem Tagesspiegel. „Für bewaffnete Einsätze der Bundeswehr im Ausland braucht es neben einem Mandat der Vereinten Nationen ein politisches Gesamtkonzept sowie einen Beschluss des Bundestages“, fügte sie hinzu. Zentral sei, dass sich neben der Sicherheit auch die Lebensperspektive für die Menschen in Libyen verbessere. Dafür sei auch „ein massives ziviles Engagement“ nötig.

Dass die Libyen-Konferenz stattfinde, sei „ein großer Erfolg für die deutsche Außenpolitik und Außenminister Heiko Maas, der mit viel Engagement den sogenannten Berlin-Prozess vorangetrieben hat, sagte Heinrich weiter. Ähnlich sieht das der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, Norbert Röttgen (CDU), der in der Vergangenheit scharfe Kritik an Außenminister Heiko Maas (SPD) geübt hatte. Nun sagte Röttgen dem Deutschlandfunkt, dass die Konferenz in Berlin stattfinde, sei „ein bedeutender Erfolg deutscher Außenpolitik“.

Die Grünen wollten sich noch nicht festlegen, ob sie im Erfolgsfall eine Entsendung der Bundeswehr befürworten. „Wir prüfen Bundeswehreinsätze stehts ergebnisoffen, wenn konkrete Mandate anstehen“, sagte der außenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Omid Nouripour, dem Tagesspiegel. Er verwies zugleich, dass die Hürden für einen Auslandseinsatz „sehr hoch“ seien. Dies gelte „für einen Einsatz in Libyen allemal.“

General Haftar blockiert Ölhäfen in Libyen

Die Truppen des abtrünnigen libyschen Generals Chalifa Haftar blockieren nach Angaben des staatlichen libyschen Ölkonzerns NOC unterdessen die wichtigsten Öl-Export-Häfen des Landes. An den Häfen Brega, Ras Lanuf, al-Sedra und al-Hariga könne derzeit kein Öl ausgeführt werden, teilte NOC am Samstag mit. Erst kurz zuvor hatte das Unternehmen vor einer Blockade des „lebenswichtigen“ Öl-Exports gewarnt.

Wegen der Blockade müsse die tägliche Ölproduktion in Libyen von bislang 1,3 Millionen Barrel auf 500.000 Barrel gedrosselt werden, teilte NOC mit. Die Häfen liegen am sogenannten Öl-Halbmond an der libyschen Nordostküste und sind die wichtigsten Drehkreuze für die Ölexporte des nordafrikanischen Krisenstaates. Das Gebiet befindet sich seit 2016 unter der Kontrolle Haftars. Erstmals hatten ostlibysche Volksstämme nach der Entsendung türkischer Soldaten nach Libyen mit der Blockade von Öl-Exporten gedroht.

Ankara steht auf der Seite der Einheitsregierung Libyens

Am Freitag forderten sie zude die Schließung wichtiger Pipelines. NOC-Chef Mustafa Sanella hatte mit Blick auf die Drohungen vor dramatischen Auswirkungen auf die libysche Volkswirtschaft gewarnt. Die Öl- und Gasbranche sei „lebenswichtig“ für die libysche Wirtschaft und die „einzige Einkommensquelle der Libyer“, erklärte Sanalla am Freitag.

In Libyen bekämpfen sich die von der UN anerkannte Regierung in Tripolis und die Truppen Haftars, die den Großteil des Ostens und Südens des Landes kontrollieren. Ankara steht in dem Konflikt auf der Seite der Einheitsregierung. Mit der Libyen-Konferenz am Sonntag in Berlin wollen die Bundesregierung und die UNO den innerlibyschen Friedensprozess wieder anstoßen. Ziel des Treffens, an dem unter anderem die Staats- und Regierungschefs Russlands, der Türkei, Großbritanniens und Frankreichs teilnehmen, ist die dauerhafte Festigung der seit vergangenen Sonntag geltenden Waffenruhe in Libyen. (mit AFP)

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