Münchner Sicherheitskonferenz: Leyen eröffnet heute wichtigstes Treffen zur Sicherheitspolitik
Am Freitagnachmittag beginnt die Münchner Sicherheitskonferenz. 30 Staats- und Regierungschefs sowie 60 Außen- und Verteidigungsminister werden erwartet. Worum geht es?
Die Münchner Sicherheitskonferenz ist das weltweit wichtigste informelle Treffen zur Sicherheitspolitik. Ab Freitagnachmittag werden dort bis Sonntagabend mehr als 30 Staats- und Regierungschefs sowie etwa 60 Außen- und Verteidigungsminister erwartet.
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen wird die Konferenz eröffnen, auch Kanzleramtsminister Peter Altmaier sowie Außenminister Frank-Walter Steinmeier werden in München erwartet. Auch die CSU-Minister Müller und Schmidt sind avisiert.
Ist die Welt noch sicher?
Viele meinen, die Welt sei völlig aus den Fugen geraten. So unsicher wie heute sei sie nie gewesen. Möglicherweise ist es vor allem das Gefühl der Unsicherheit darüber, was die Zukunft bringen mag. Die Schauplätze großer Krisen wachsen immer mehr zusammen, es kommen gefühlt auch immer mehr und gleichzeitig hinzu. Nicht einmal die Experten scheinen zu ahnen, wo der nächste große Konflikt auftauchen wird.
Vor einem Jahr drehte sich in München praktisch alles um die Ukraine-Krise. Kanzlerin Angela Merkel machte dort Zwischenstation auf ihrer atemlosen Dauer-Diplomatie-Mission. Das ist wirklich erst ein Jahr her. Die Flüchtlingskrise, die inzwischen seit Monaten Deutschland wie Europa zu spalten droht, war vor zwölf Monaten in München gerade mal Thema einer Nachtsitzung, zu der von politischer Seite praktisch nur Claudia Roth und der ehemalige australische Premier Kevin Rudd im Publikum saßen. Die Welt der Sicherheits- und Außenpolitiker hörte nicht zu, als der libanesische Premier Tammam Salam angesichts der immensen Flüchtlingszahlen in seinem Land verzweifelt um Unterstützung und Anstrengungen zur Beilegung des Krieges in Syrien warb.
Und der Chef der Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, erklärte vor einem Jahr, Afghanistan sei sicherheitspolitisch ein Thema der vergangenen Dekade. In diesen Wochen beklagt Ischinger schwere Versäumnisse der Staatengemeinschaft, die heraufziehende Krisen unterschätzt habe: „Manchmal haben wir absichtlich, manchmal unabsichtlich weggeschaut.“
Um welche Themen soll es gehen?
So sehr die Welt in Unordnung geraten ist, so vielfältig sind die Themen. Viel Gewicht werden Syrien mit Krieg wie Terror und der Umgang mit den Flüchtlingen haben. Beide Themen haben globale Sprengkraft - und keins kann mit wenigen Partnern allein gelöst werden. Ebenso wie beim Thema Ukraine ist das derzeit so unberechenbar erscheinende Russland fast immer mit an Bord. "Im Guten wie im Bösen", betonte Außenminister Steinmeier gerade erst wieder, werde Russland immer "ein großer und wichtiger Nachbar Europas sein". Das mag nicht jeder hören.
In München wird es diesmal auch um die Stabilität in Afrika, Chinas neue Rolle in der internationalen Ordnung und auch um die Klimapolitik gehen. Themen, die weitreichende Auswirkungen haben können. Und so werden nicht zuletzt auch andere Nationen eingebunden, ohne die vielleicht die nächste Krise kaum zu schultern sein wird. Eine Nachtsitzung soll übrigens diesmal der Gesundheit und möglichen Epidemien gelten - ein Omen für 2016?
Wer kommt?
Russlands Präsident Putin hat Ischinger einen Korb gegeben, aus Moskau kommen Premier Medwedew und Außenminister Lawrow, aus Washington wird Außenminister Kerry mit einer großen Delegation kommen, in der auch Senator McCain nicht fehlt, dessen Auftritt im vergangenen Jahr auch für die eigene Regierung nicht ganz einfach war. Polens Präsident Duda, Afghanistans Präsident Ghani, Libanons Premier Salam, Jordaniens König Abdullah, der türkische Premier Davutoglu, die Außenminister Irans und Saudi-Arabiens sind angekündigt. Letztere leider wohl nicht auf einem gemeinsamen Podium, diplomatisch geschickt werden sie wohl nicht zur selben Zeit in München sein. Ins Licht der Öffentlichkeit sollen sich diesmal auch die Chefs einiger Geheimdienste begeben. CIA-Direktor Brennan und der britische GCHQ-Chef Robert Hannigan wollen mit Kollegen diskutieren, wie sich die Welt gegen die Terrortruppe vom so genannten Islamischen Staat schützen kann.
Was ist zu erwarten?
Themen wie Gäste bieten viel Stoff für Streit. Doch offensichtlich suchen die internationalen Akteure das Gespräch. Auch Vertreter von Ländern, die auf der transatlantisch geprägten politischen Bühne bisher eher im Hintergrund blieben, sind dabei. 550 Teilnehmer, darunter rund 30 Staats- und Regierungschefs sowie 60 Minister erwartet Ischinger in München. Eine gute Gelegenheit, sich auch abseits der Podien zu treffen. Am Rande gibt es unzählige Treffen in verschiedensten Formationen. Sie bieten die Möglichkeit, auch neue Partner für Lösungen zu gewinnen, auf einem kleinem Dienstweg etwas zu klären und das eine oder andere Zwischenergebnis zu erzielen, von dem an diesen Tagen möglicherweise noch nichts nach draußen dringt.
Wie wichtig es ist, miteinander ins Gespräch zu kommen, und zwar auch mit denen, die sich scheinbar an keinerlei Regeln halten wollen, selbst wenn sie die UN-Charta unterzeichnet haben, zeigen einige Sätze aus einem Interview, in dem Außenminister Frank-Walter Steinmeier der "Süddeutschen Zeitung" erzählt, wie er seinen Politikstil geändert hat: "Ich habe früher mehr eine auf Papiere, Briefe, Dokumente bezogene Außenpolitik gemacht. Jetzt geht es um Erfahrung, um Vertrauen, um persönliche Beziehungen, um Verlässlichkeit." Daraus erwachse politisches Gewicht.
Am Donnerstag gab es in einem anderen Münchner Hotel auch deshalb bereits eine Syrienkonferenz, weil viele Teilnehmer für die Sicherheitskonferenz in die Stadt kommen. Dort konferieren die Außen- und Sicherheitspolitiker dieses Jahr einmal nicht am angestammten ersten Wochenende im Februar. Es gibt noch Wichtigeres als die Sicherheit der Welt: Am vergangenen Wochenende wurde im Bayerischen Hof Fasching gefeiert.
Wie sicher ist die Konferenz?
Die Gegend rund um das Tagungshotel Bayerischer Hof in der Innenstadt ist zur Sicherheitskonferenz immer ein weiträumig abgesperrter Hochsicherheitstrakt: Scharfschützen, Hundestaffeln, verschweißte Gullydeckel, Einlass nur mit Sonderausweis. Angesichts der Terrorattacken von Paris und der Münchner Bedrohungserfahrung zu Silvester hat sich die Münchner Polizei nach eigenen Angaben in diesem Jahr besonders intensiv auf das internationale Spitzentreffen vorbereitet. Allerdings schätze man die Terrorgefahr 2016 nicht anders ein, als in den vergangenen Jahren: "abstrakt erhöht", heißt es bei der Polizei.
3700 Polizisten sind am Wochenende in München unterwegs. Rund 100 mehr als im vergangenen Jahr, aber diesmal sind viele hochrangige Politiker wegen der Syrienrunde auch schon einen Tag eher in der Stadt. Für Samstag hat ein Aktionsbündnis dazu aufgerufen, den Konferenzort zu umzingeln. Erwartet werden rund 4000 Demonstranten.