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Bettina Kudla, CDU-Bundestagsabgeordnete aus Leipzig
© Deutscher Bundestag/Achim Melde

Nach Beleidigung von Can Dündar: Leipziger CDU-Abgeordnete Kudla muss um Mandat fürchten

Die CDU-Politikerin Bettina Kudla hat den in der Türkei verfolgten Journalisten Can Dündar als "Cansel Dünnschiss" beleidigt. Nicht nur Parteifreunde gehen auf die Barrikaden.

Bettina Kudla gibt sich kämpferisch. "Ich freue mich schon auf die nächste Bundestagswahl, zu der ich antreten möchte. Leipzig I ist mein Wahlkreis!", erklärte sie am Mittwoch. Es ist die Reaktion auf deutlichen Unmut in der eigenen Partei über die sächsische Bundestagsabgeordnete. Sie hatte mit einer Beleidigung des in der Türkei verfolgten Journalisten Can Dündar viele gegen sich aufgebracht. Am vergangenen Freitag hatte die gebürtige Münchnerin getwittert: "Cansel #Dünnschiss, pardon, Can #Dündar sagt, #Beitrittsverhandlungen mit #Türkei nicht abbrechen. Wissen wir selbst."

Laut einem Bericht der "Leipziger Volkszeitung" sind mit dem 26-jährigen Student Michael Weickert und dem 48-jährigen Erzieher Jens Lehmann gleich zwei Mitglieder des Leipziger Kreisverbandes bereit, Kudla das Direktmandat für die Bundestagswahl im Norden der Messestadt streitig zu machen, das sie 2013 noch mit deutlichem Abstand gegenüber den Bewerbern von Linkspartei und SPD gewonnen hatte.

Die Entfremdung zwischen Partei und Kudla habe schon vor geraumer Zeit eingesetzt. Wenig Verständnis gab es für Kudla, die im Frühjahr im Bundestag als einzige nicht der Armenien-Resolution zugestimmt hatte, in der die Massaker in den Jahren 1915 bis 1917 als Völkermord eingestuft wurden. Die Kleinstadt Pazar in der türkischen Provinz Tokat entzog damals Grünen-Chef Cem Özdemir die Ehrenbürgerschaft und verlieh sie stattdessen an Kudla. Die verteidigte sich für ihr Abstimmungsverhalten im Bundestag: "Wir wünschen uns in Deutschland ja auch nicht, dass andere Länder über unsere Geschichte richten."

Im Januar vergangenen Jahres hatte Kudla die fremdenfeindliche Pegida-Bewegung verteidigt, deren Themen "uns alle" beträfen. "Hinsichtlich der Dresdner Demonstrationen und deren Teilnehmer möchte ich hinzufügen, dass viele der Demonstranten sicherlich nicht radikal oder gar extremistisch sind. Die Dresdner Bevölkerung darf nicht verunglimpft werden. Richtig ist es hingegen, die Anliegen und Sorgen der Demonstranten ernst zu nehmen." Und: "Wer die Ausbreitung des Islam in Deutschland und die Abkehr vieler Menschen von unserer christlich  geprägten europäischen Kultur beklagt, sollte sich demnach zur CDU hinwenden."

Ihre Verbalattacke gegen Can Dündar verteidigte Kudla mit dem Hinweis, es sei ihr gar nicht um Kritik an dem Journalisten gegangen, der "sicherlich viel geleistet und sehr viel Mut bewiesen" habe. Ziel ihrer Kritik sei vielmehr das ZDF gewesen, das im "heute-journal" vom 8. September Dündar habe ausführlich zu Wort kommen lassen. Dies habe, behauptete Kudla, zu einer "Überhöhung der Aussagen des Journalisten" geführt. Dündar habe acht Minuten reden dürfen, kein gewählter Volksvertreter sei zu Wort gekommen. "Etwas läuft schief in unserem Land Deutschland!"

Can Dündar
Can Dündar
© Kay Nietfeld/dpa

"In dem Beitrag legte Can Dündar insbesondere dar, wie die deutsche Türkeipolitik seiner Meinung nach auszusehen habe", sagte Kudla dem in Leipzig angesiedelten Zentrum für Presse- und Medienfreiheit (ECPMF). "Politiker kamen in dem Beitrag nicht zu Wort." Wenn bei wesentlichen politischen Themen – und das Verhältnis zu Türkei sei mit Blick auf die Flüchtlingskrise ein wesentliches politisches Thema – "gewählte Volksvertreter überhaupt nicht mehr zu Wort kommen, geschweige denn die Meinungen der Volksvertreter wenigstens annähernd nach den politischen Mehrheiten und damit nach dem Willen der Bürger durch die Medien transportiert werden, halte ich dies für problematisch".

Das ECPMF verurteilte die Äußerungen von Kudla ebenso wie der Deutsche Journalistenverband (DJV). Dessen Vorsitzender Frank Überall twitterte am Wochenende: "Peinlich und traurig. Ich hoffe auch, dass sich die Dame bei Journalist Dündar entschuldigt. Aber flott!"

In einem offenen Brief an Kudla protestierten Überall und die sächsische DJV-Chefin Ine Dippmann gegen die "öffentliche Verunglimpfung von Can Dündar", die in eklatanter Weise mangelnden Respekt vor der Person und der Arbeit des Kollegen offenbare. "Hasskommentare im Netz befördern die Spaltung unserer Gesellschaft; sind immer wieder auch die Vorstufe zu physischer Gewalt. Während die Bundesregierung versucht, diese Entwicklung zu bremsen, befeuern Sie sie mit Ihrem Tweet", schrieben die DJV-Funktionäre. Dündar sei in einem aus rechtsstaatlicher Sicht mindestens umstrittenen Verfahren von einem türkischen Gericht für seine kritische Berichterstattung verurteilt worden. "Er hat nach unseren Maßstäben keine Straftat begangen, sondern bloß Tatsachen in der Zeitung ,Cumhurriyet' korrekt wiedergegeben."

Im Bundestag gab es Kritik an Kudla aus allen Fraktionen - auch die Union selbst ging auf Distanz. "Nicht unser Wording", hieß es zunächst auf dem Twitter-Account der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Michael Grosse-Brömer, Fraktionsgeschäftsführer der Union, erklärte: "Man muss nicht jede Peinlichkeit kommentieren." Kudla sei für ihre Tweets "selbst verantwortlich". Sachsens CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer sagte "Spiegel online": "Diese Form der Auseinandersetzung ist keine, die wir als Bürgerliche pflegen. Wir können hart in der Sache sein, aber Beleidigungen gehören nicht dazu."

Auch solche Sprüche muss die deutsche Demokratie ertragen [...]. Schlimm genug, dass die SPD nie die politische Linke integrieren konnte - jetzt gibt´s eben Grüne und Linkspartei. Noch schlimmer, dass es die Union nicht schafft, der politischen Rechten eine Heimat zu geben - das Ergebnis ist eine Partei rechts von der Union.

schreibt NutzerIn plus8

Kudla aber drückt sich trotz der heftigen Kritik aus den eigenen Reihen um eine Entschuldigung herum. Sie habe "Aufmerksamkeit für ein grundsätzliches Problem wecken wollen", verteidigt sie sich in der "Leipziger Volkszeitung" und versichert lediglich, "dass künftige Äußerungen wieder in der von mir gewohnten angemessenen Art und Weise erfolgen werden". Einen Wechsel in die AfD lehnt sie ab. "Ich bin mit Leib und Seele CDU-Mitglied und Bundestagsabgeordnete für diese Partei. Mit einer Partei wie der AfD verbindet mich nichts."

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