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Das Ehepaar Sven und Claudia Menschel vor dem Landgericht in Leipzig. Das Paar hatte die Stadt Leipzig verklagt, weil ihnen kein Kindergartenplatz für ihren Sohn bereitgestellt wurde. Die Stadt muss den Menschels und zwei weiteren Familien nun mehrere tausend Euro Schadenersatz zahlen, weil sie für deren Kleinkinder keinen Kita-Platz anbieten konnte.
© dpa/Peter Endig

Urteil am Landgericht: Leipzig muss Schadenersatz für fehlende Kitaplätze zahlen

Drei Familien haben vor einem Gericht mehrere Tausend Euro Schadenersatz zugesprochen bekommen, weil sie keinen Kita-Platz für ihre Kinder erhielten. Das Urteil könnte bundesweit Signalwirkung haben.

Das Landgericht Leipzig hat drei Familien Schadenersatz wegen fehlender Kita-Plätze für deren Kleinkinder zugesprochen. Die Stadt Leipzig muss den Müttern in allen drei Fällen jeweils mehrere tausend Euro Verdienstausfall zahlen, wie das Gericht am Montag bekannt gab. Die Kinder hatten mit Vollendung des ersten Lebensjahres keinen Betreuungsplatz in einer Tageseinrichtung bekommen, obwohl seit August 2013 bundesweit ein entsprechender Rechtsanspruch darauf besteht. Nach Auffassung des Gerichts hat die Kommune damit ihre Amtspflicht verletzt.

Kitas sollten den Eltern helfen, Erwerbstätigkeit und Kindererziehung besser miteinander vereinbaren zu können. Zwar habe die Stadt ihrem gesetzlichen Auftrag durch eine umfangreiche Kindertagesstättenplanung Rechnung getragen, erklärte das Gericht. Dass die Kitaplätze nicht rechtzeitig zur Verfügung standen, könne die Stadt aber nicht entlasten. Es müsse auch Vorsorge für einen unvorhersehbaren Bedarfsfall getroffen werden.

Einzigartiges Urteil

Nach Auffassung der Richter kann den Eltern auch nicht vorgeworfen werden, dass sie die Plätze nicht in einem Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht eingeklagt haben. Auch auf diese Weise hätten sie keinen Kita-Platz bekommen, so das Gericht. Die Stadt soll den Müttern daher den Verdienstausfall von insgesamt 15.100 Euro zahlen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Stadt könnte Berufung einlegen. Je nach Verdienst erhalten die Frauen 2.500, 4.500 beziehungsweise 8.100 Euro Schadenersatz.

Der Sprecherin des Deutschen Städte- und Gemeindebundes ist kein vergleichbarer Fall bekannt, in dem eine Kommune zur Zahlung von Schadenersatz verurteilt wurde. Es habe einzelne Fälle gegeben, in denen sich Eltern und die Kommune außergerichtlich „gütlich im Sinne der Kinder“ geeinigt hätten, sagte Sprecherin Ursula Krickel. Das Urteil könnte bundesweit Signalwirkung haben.

Kommune muss im Zweifel auch teurere Privat-Kita zahlen

Dennoch ist es nicht das erste Mal, dass ein Gericht zugunsten von Eltern urteilt, die trotz Rechtsanspruchs ihre Kinder nicht wie gewünscht in einer Kita unterbringen konnten. Das Verwaltungsgericht Stuttgart entschied im vorigen November, dass die Stadt die Kosten für eine private - teurere - Kita übernehmen muss, nachdem Eltern für ihr Kind keinen Platz in einer städtischen Kita fanden.

In einem andern Fall hatte bereits 2013 das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig die Stadt Mainz dazu verurteilt, die Kosten für eine private Kinderkrippe zu zahlen. Geklagt hatte die Mutter einer Zweijährigen, die von der Stadt keinen Krippenplatz bekommen hatte. Das Urteil bezog sich damals aber explizit auf eine Regelung in Rheinland-Pfalz zur Betreuung von Kindern ab zwei Jahren. (AFP, dpa)

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