Discounter oder Bio - die Preisfrage: Lebensmittel müssten teurer sein
Immer wieder heißt es: Warum ist "Bio" oder "Fairtrade" so teuer? Falsche Frage. Umgekehrt müsste es heißen, warum ist der Rest so billig? Ein Kommentar.
Neulich im Bioladen: Als die Verkäuferin realisiert, dass die 400-Gramm-Packung Kakaopulver knapp fünf Euro kosten soll, schreckt sie zurück, will diesen Preis nicht in ihre Kasse eintippen – und ruft stattdessen aus: „Fünf Euro! Was ist da drin? Gold?“
Die Reaktion ist so verständlich wie sie zugleich auch Anzeichen einer höchst problematischen Denkweise ist. Verständlich, weil man an niedrige Kakaopulverpreise gewöhnt ist. 500-Gramm- Packungen bekommt man problemlos auch für unter zwei Euro. Dagegen nimmt sich der Bioladenpreis natürlich vollkommen übertrieben aus. Aber der Fünf-Euro-Kakao ist ein fair gehandeltes Produkt mit dem entsprechenden Siegel. Die Plantage, auf der sein Rohstoff bis heute vor allem in mühevoller Handarbeit gewonnen wird, hat demzufolge keine Kinder beschäftigt, und was sie an Ertrag abwirft, reicht den Arbeitern zum Leben. Das nennt sich „fair“ und ist der Erwähnung und Besiegelung wert.
Würde man nicht lieber sagen, das sollte selbstverständlich sein – anstatt sich darüber zu wundern?
Damit würde die Debatte um die Preise der „fairen“ und „Bio“-Produkte umgedreht. Und eine Denkweise strittig, nach der die höheren Preise der teuren, nachhaltigen Produkte grundsätzlich beklagenswert sind. Denn die hohen Preise sind gar nicht das Problem. Das Problem sind vielmehr die niedrigen Preise.
Die werden möglich gemacht durch Lebensmittelkonzerne, die etwa Kakao billig ankaufen, weil sie es ihrer Marktmacht wegen können, und den Bauern keine andere Wahl lassen als zu kooperieren. Oder wenn Discounter Milchpreise nach unten drücken, sodass nur noch über Masse kompensiert wird. Das geht zulasten der kleinen Milchbauern, die aufgeben, und nicht zuletzt auf Kosten der durchfunktionalisierten Tiere, deren Lebenswohl keine Rolle spielt.
Teurere Produkte könnte sich dann nicht mehr jeder leisten
Deshalb müssten viele Produkte teurer sein, als sie es im Moment sind. Das bedeutet allerdings, dass sie eventuell nicht länger bezahlbar sind für diejenigen, die wenig verdienen oder von staatlicher Hilfe leben. Das ist ein Problem. Aber es ist eines, das dann innerhalb dieses Landes zu regeln wäre und nicht wie bisher auf Kosten der Noch-Ärmeren, Noch-Machtloseren.
Man könnte hier höhere Mindestlöhne und Hilfesätze vereinbaren oder die Förderung für „fair“ und „bio“ deutlich erhöhen. Am Freitag erst hat der „Bio Company“-Chef Georg Kaiser im Tagesspiegel-Interview gesagt, dass die „Förderung für das, was ein Biobauer leistet, nicht ausreicht“. Warum ändert sich das nicht?
Die Kakaoverkäuferin im Bioladen hat ein gutes Stichwort geliefert. Gold. Bei Gold ist gemeinhin akzeptiert, dass das nichts für jeden ist. Es ist knapp und ein endlicher Rohstoff. Dasselbe gilt für Kakao und viele andere Rohstoffe, die zu Lebensmitteln verarbeitet werden. Auch in diesem Sektor könnte häufiger gelten: Nicht jeder muss sich alles leisten können. Das gibt die Welt einfach nicht her.
- bbbbbb
- Brandenburg neu entdecken
- Charlottenburg-Wilmersdorf
- Content Management Systeme
- Das wird ein ganz heißes Eisen
- Deutscher Filmpreis
- Die schönsten Radtouren in Berlin und Brandenburg
- Diversity
- Friedrichshain-Kreuzberg
- Lichtenberg
- Nachhaltigkeit
- Neukölln
- Pankow
- Reinickendorf
- Schweden
- Spandau
- Steglitz-Zehlendorf
- Tempelhof-Schöneberg
- VERERBEN & STIFTEN 2022
- Zukunft der Mobilität