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Der Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).
© dpa/Wolfgang Kumm
Update

„Gefährdet Glaubwürdigkeit der Politik“: Lauterbach kritisiert Aussetzung der Pflege-Impfpflicht in Bayern

Bayern will die einrichtungsbezogene Impfpflicht „de facto“ aussetzen. Der Bundesgesundheitsminister hält das für einen schweren Fehler.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat die Ankündigung Bayerns kritisiert, die gesetzliche Impfpflicht für Beschäftigte in Kliniken und Pflegeheimen vorerst nicht umzusetzen. „Laxe Vollzugsregeln der einrichtungsbezogenen Impfpflicht können nicht nur das Leben der älteren Menschen mit schwachem Immunsystem gefährden“, sagte der SPD-Politiker am Montag. „Dazu gefährden sie auch die Glaubwürdigkeit von Politik.“ Es gehe um den Schutz von Patienten und Heimbewohnern. „Auch die bayerische Landesregierung sollte das beschlossene Gesetz ernst nehmen“, mahnte Lauterbach.

Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte zuvor gesagt, es werde „großzügigste Übergangsregelungen“ bei der Impfpflicht geben, was „de facto zunächst einmal auf ein Aussetzen des Vollzugs hinausläuft“. Für wie viele Monate dies gelten solle, werde man dann sehen.

Söder begründete das im Detail noch auszuarbeitende gesonderte bayerische Vorgehen mit Schwierigkeiten der Pflegeeinrichtungen bei der Versorgung mit Personal. Der Regierungschef sagte, er sei generell für eine Impfpflicht. Diese singuläre und auch partielle Lösung sei aber derzeit in der Omikoron-Welle keine Hilfe.

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Das Gesetz zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht sieht vor, dass ab dem 15. März Beschäftigte von Einrichtungen wie Kliniken, Arztpraxen sowie Alten- und Pflegeheimen eine vollständige Impfung gegen das Coronavirus nachweisen müssen. Vor wenigen Tagen warnte bereits der Deutsche Pflegerat vor Personalproblemen. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit hatten sich allein im Januar ungefähr zwölftausend Pflegekräfte mehr als üblich arbeitssuchend gemeldet.

Die CDU forderte von der Bundesregierung eine Aussetzung der berufsbezogenen Impfpflicht in ganz Deutschland. Das sei die „ganz einhellige Meinung von Präsidium und Bundesvorstand der CDU“, sagte Parteichef Friedrich Merz am Montag bei der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzendenkonferenz in Saarbrücken. Es habe sich nach Beratungen gezeigt: „Die Regierung lässt die Einrichtungen und lässt die Beschäftigten mit den Folgen dieser Impfpflicht völlig allein“, sagte Merz.

„Wir müssen noch einmal neu darüber nachdenken, wie wir mit diesem Thema Impfpflicht umgehen.“ So jedenfalls, wie die Bundesregierung es jetzt beschlossen habe, könne es nicht bleiben - vor allem weil die arbeitsrechtlichen und sozialrechtlichen Folgen für die Beschäftigten und die Folgen für die Betriebe nicht bedacht worden seien.

Grünen-Chefin: Impfpflicht soll pünktlich umgesetzt werden

Grünen-Chefin Ricarda Lang sagte in Berlin, ihre Partei sei nach wie vor dafür, dass die einrichtungsbezogene Impfpflicht zügig und pünktlich umgesetzt werde. Das Ziel dieser Impfpflicht sei anders als bei der allgemeinen Impfpflicht nicht die Entlastung von Kliniken oder Intensivstationen, sondern der Schutz besonders gefährdeter Risikogruppen, etwa älterer Menschen in Pflegeeinrichtungen.

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Neben dem Aussetzen der Impfpflicht kündigte Söder bereits gut eine Woche vor der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz auch mehrere Lockerungen der bisher in Bayern geltenden Corona-Beschränkungen an. Die bisher in Bayern geltende Sperrstunde ab 22 Uhr in der Gastronomie soll vollständig fallen.

Körpernahe Dienstleistungen wie Friseurbesuche werden wieder mit 3G möglich sein, womit auch Ungeimpfte mit einem Test wieder zum Friseur gehen können. Außerdem will Bayern die zulässigen Zuschauerzahlen für Kultur und Sport erhöhen - im Kulturbereich auf 75 Prozent, im Sport auf 50 Prozent, bei maximal 15.000 Zuschauern. Söder sprach von einem „Einstieg in den Ausstieg“ aus den Beschränkungen. (AFP, dpa)

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