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Nach Brandanschlag in Tröglitz: Landesinnenminister Stahlknecht: Wir werden nicht einknicken

Für Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) ist es eine Frage der Staatsräson, nach dem Brandanschlag auf das Asylbewerberheim an der Aufnahme von Flüchtlingen in dem Ort festzuhalten.

Herr Stahlknecht, der Ort Tröglitz in Ihrem Bundesland hat traurige Berühmtheit erlangt. Wie geht es nach den dramatischen Ereignissen dort nun weiter?

Wir werden vor dem Verbrechen des Brandanschlags nicht einknicken. Das ist für mich eine Frage der Staatsräson. Im Laufe des Mai werden zehn Asylsuchende in Tröglitzer Wohnungen untergebracht. Der Landrat steht bereits in Verhandlungen mit Vermietern. Auch strafrechtlich wird viel unternommen. Die Polizei hat eine Ermittlungsgruppe „Kanister“ gebildet, unter der Leitung des Landeskriminalamts. Außerdem habe ich veranlasst, dass 20 000 Euro für sachdienliche Hinweise auf die Brandstifter ausgelobt werden. Und es ist jetzt wichtig, dass in Tröglitz Ruhe einkehrt. Ich will nicht, dass sich Trittbrettfahrer in Schlagzeilen sonnen.

Wie lange soll der Polizeischutz aufrecht erhalten werden, den Landrat Götz Ulrich und Ex-Bürgermeister Markus Nierth wegen Morddrohungen erhalten?

Solange es die Gefährdungslage nötig macht. Eine Dauer kann ich derzeit nicht absehen. Der Polizeischutz bleibt auf unbestimmte Zeit.

Gibt es nach dem Brandanschlag bereits Hinweise auf Tatverdächtige?

Wir ermitteln in alle Richtungen, die Polizei blickt nicht nur auf den Rechtsextremismus. An diesem Mittwoch gibt es eine große Zeugenbefragung in Tröglitz, fast jeder Einwohner soll aufgesucht werden.

Die Zahl der fremdenfeindlichen Delikte in Sachsen-Anhalt stieg 2014 auf 255. Das sind 33 mehr als im Jahr zuvor. Welche Gründe sehen Sie?

Mit der Zunahme von Asylsuchenden und mit den Schwierigkeiten, die damit verbunden sind, melden sich verstärkt Leute zu Wort, die ein Problem mit Flüchtlingen haben. Das ist leider nicht nur in Sachsen-Anhalt so, sondern ein bundesweites Phänomen.

Die Landesregierung hat 2006 die Kampagne „Hingucken! Für ein demokratisches und tolerantes Sachsen-Anhalt“ initiiert. Hat sie zu wenig bewirkt?

Die Kampagne hat durchaus viel Sensibilität bewirkt. Außerdem gibt es weitere Netzwerke. Und es geschieht noch mehr. Bis auf Tröglitz verläuft die Asylpolitik in Sachsen-Anhalt in ruhigen Bahnen. Wir haben frühzeitig Flüchtlinge in dezentralen Wohnungen untergebracht. 65 Prozent der Asylsuchenden leben dort. Man sollte sich von einem schlimmen Ereignis nicht die Sicht auf die Entwicklung insgesamt verstellen lassen. Aber ich gebe zu: Wir können natürlich immer noch besser werden.

Holger Stahlknecht (50) ist seit April 2011 Innenminister des Landes Sachsen- Anhalt. Der Christdemokrat gehört seit 2002 dem Landtag an.

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