Forschungsförderung des Bundes: Länder wollen eine gleichmäßige Verteilung
Die Ministerpräsidenten wollen beim Finanzausgleich auch die Forschungsförderung des Bundes berücksichtigen. Im Bundestag gibt es schon Widerspruch.
Die Fantasie reicht weit unter den Ministerpräsidenten, wenn es darum geht, neue Wege zum Anzapfen des Bundeshaushalts zu finden. Daher ist die Erfindung einer neuen Bundesergänzungszuweisung (BEZ) für Forschungsförderung eigentlich keine Überraschung. Aber sie ist originell. Die neue BEZ findet sich als Forderung im Beschlussvorschlag der Ministerpräsidentenkonferenz zur Neuordnung der bundesstaatlichen Finanzbeziehungen, der vor einer Woche vorgelegt wurde. Sie ist einer von einem Dutzend Punkten, über welche die Länder nun mit Bundesregierung und Bundestag ins Gespräch kommen müssen. Ziel ist es, den ab 2020 geltenden neuen Bund-Länder-Finanzausgleich möglichst im kommenden Frühjahr auf den Gesetzgebungsweg zu bringen.
Die neue Zuweisung begründen die Länder damit, dass die Forschungsförderung des Bundes „nicht nach den Kriterien einer gleichmäßigen Verteilung“ erfolge. Leistungsschwache Länder sollten daher einen Ausgleich bekommen. Die BEZ soll zusätzlich zu den bisherigen Forschungsausgaben des Bundes gezahlt werden. Nach dem Zahlentableau, das die Länder vorlegten, hätte die BEZ ein Volumen von 181 Millionen Euro (basierend auf der Steuerschätzung für 2019). Vor allem die beiden SPD-Regierungschefs Malu Dreyer und Stephan Weil hatten sich für die neue BEZ starkgemacht. Kein Wunder, denn vor allem ihre Länder würden profitieren: Rheinland-Pfalz mit 72 Millionen, Niedersachsen mit 62 Millionen Euro. Die anderen SPD-Ministerpräsidenten stellten sich hinter das Anliegen, die Ministerpräsidenten der Union hatten offenbar nichts dagegen, weil sie einen Kompromiss beim ohnehin schwierigen Gesamtpaket nicht behindern wollten.
Hannover und Mainz sehen sich im Nachteil
Niedersachsen und Rheinland-Pfalz stehen beim Finanzausgleich in der Mitte, sie zahlen nichts ein, bekommen aber auch (verglichen mit dem Osten oder Berlin) wenig hinzu. Daher fallen sie in den Berechnungsmodellen, die vor allem Interessen der starken und schwachen Länder ausgleichen sollen, meist „hinten runter“, wie es in Länderkreisen heißt. Auch haben sie weniger forschungsstarke Hochschulen, weshalb weniger Bundesmittel dorthin fließen. Nordrhein-Westfalen, Bayern, Baden-Württemberg und auch Berlin hätten aus der neuen BEZ keine Zuflüsse.
Nach Einschätzung einiger Experten passt die BEZ allerdings nicht richtig in den Finanzausgleich. Man habe nur eine Art Umfüllbaustelle geschaffen, um einige Länder in der Gesamtabrechnung etwas hochzuhieven. Die Forschungsförderung des Bundes an die Länder ist laut Grundgesetz an Einrichtungen und Vorhaben gebunden, daher auch die größere Streuung als bei einem festen Schlüssel etwa nach Einwohnerzahl. Eine BEZ fließt üblicherweise aber ohne konkrete Projektbindung. Zudem sind Sonderzuweisungen des Bundes dazu da, eine überproportionale Belastung auszugleichen. Im Fall der Forschungsförderung wäre dagegen eine unterproportionale Zuteilung von Bundesmitteln der Maßstab. Auch wird angemerkt, dass der Finanzausgleich grundsätzlich als Ausgleich unterschiedlicher Steuerkraft der Länder konzipiert ist; die BEZ für Forschungsförderung wäre aber an Ausgaben des Bundes gekoppelt.
Unions-Fraktion skeptisch
Unions-Fraktionsvize Ralph Brinkhaus sagte dem Tagesspiegel, die BEZ widerspreche dem Ziel der Transparenz. Effiziente Forschungsförderung solle zudem zielgerichtet erfolgen „statt nach dem Gießkannenprinzip“. Sie dürfe auch nicht „als Label für Zahlungen zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs der Länder herhalten“, sagte Brinkhaus. „Dass eine an überregionaler Bedeutung ausgerichtete Forschungsförderung nicht zu einer gleichmäßig verteilten Forschungsförderung in den Ländern führt, liegt in der Natur der Sache.“ Hans-Günter Henneke, Vorstandsmitglied des Landkreistages und Verfassungsjurist, zeigte sich angesichts der Länderforderung verwundert: „Wie man das gesetzestechnisch begründen will, ist mir schleierhaft.“ Aus dem Bundesforschungsministerium hieß es nur, es sei „verfrüht, vorab einzelne Elemente des Ländervorschlags zu bewerten“. Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will das Paket der Länder noch genauer anschauen. Dann werde man im kommenden Jahr mit den Ländern "intensiv darüber reden", sagte er am Mittwoch.
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