„Muss mich überhaupt nicht rechtfertigen“: Lambrecht weist Kritik an ihrer Politik zurück
Die Verteidigungsministerin hält den Unmut über ihre Handlungen für unangemessen. Im Streit um den geplanten Bundeswehr-Sondertopf äußert sie sich optimistisch.
Trotz der gehäuften Kritik an ihrer Person sieht sich Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) nach eigenen Worten nicht im Selbstverteidigungsmodus. „Ich muss mich überhaupt nicht rechtfertigen. Ich muss deutlich machen, wofür ich stehe und welche Entscheidungen ich auch treffe - das ist meine Aufgabe, und das mache ich auch“, sagte die SPD-Politikerin am Montag in der ARD.
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Lambrecht wird vorgeworfen, bei der Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine auf der Bremse zu stehen. Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) deshalb zur Entlassung von Lambrecht aufgefordert.
Zudem war Lambrecht weiter in die Kritik geraten, weil sie unmittelbar vor einem Sylt-Urlaub eine sehr kleine Bundeswehreinheit in der Nähe besucht hatte und sich dafür samt ihres Sohns mit dem Hubschrauber hatte dorthin fliegen lassen.
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Ärger hat sie auch, weil sie SPD-interne Überlegungen ausgeplaudert hatte, dass Bundesinnenministerin Nancy Faeser 2023 bei der hessischen Landtagswahl antreten soll.
Bessere Bundeswehr-Ausstattung „erfordert ganze Energie“
Ferner erklärte Lambrecht in der ARD, dass die Kritik an ihr auch auf das Ringen mit der Union um das geplante Bundeswehr-Sondervermögen keinen Einfluss habe. „Das spielt überhaupt keine Rolle in diesen Verhandlungen, das spielt auch überhaupt keine Rolle in dem Tagesgeschäft, in dem ich mich befinde“, sagte sie. Die Unterstützung der Ukraine zu organisieren und die Bundeswehr besser auszustatten - „das erfordert meine ganze Energie“.
Im Streit um die Ausgestaltung des Bundeswehr-Sondervermögens forderte Lambrecht die Union auf, sich zu bewegen. Zugleich zeigte sie sich optimistisch. „Ich habe momentan das Gefühl, dass wirklich alle (...) an einem Strang ziehen wollen und die Bundeswehr so ausstatten wollen wie sie es dringend braucht“, sagte sie.
Deshalb sei sie „sehr optimistisch“, dass es wegen „konstruktiver Gespräche“ noch vor der Sommerpause eine Einigung geben werde. „Wer sich jedes Mal öffentlich zur Bundeswehr bekennt und auch erkennt, dass hier großer Handlungsbedarf besteht, der muss jetzt auch Farbe bekennen.“
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Zugleich wich sie der Frage aus, ob sie sich der Drohung von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich anschließt, die bessere Ausstattung der Bundeswehr auch ohne Union zu beschließen. Dieser hatte der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ gesagt, wenn CDU und CSU sich im Bundestag der nötigen Zwei-Drittel-Mehrheit für eine Grundgesetzänderung verweigerten, erlaube Artikel 115 in einer Notsituation auch eine Schuldenaufnahme mit einfacher Mehrheit.
Bei dem Ringen geht es unter anderem darum, wofür das Geld ausgegeben werden soll - nur für die Bundeswehr oder auch für andere sicherheitsrelevante Bereiche - und wie eine dauerhafte bessere Finanzierung der Truppe sichergestellt werden kann.
Das Sondervermögen war von Kanzler Scholz nach dem russischen Überfall auf die Ukraine angekündigt worden, um Defizite bei der Bundeswehr zu beheben. Für die angestrebte Grundgesetzänderung ist eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag nötig. (dpa, AFP)