Bund zahlt 200 Euro je untersuchter Probe: Labore sollen bundesweit nach Corona-Mutationen suchen
Bisher ist in Deutschland wenig über das Verbreitungsausmaß von weit ansteckenderen Corona-Varianten wie B117 bekannt. Das soll sich nun ändern.
Jens Spahn steht gerade unter Druck, das Image des Krisenmanagers ist angekratzt. Zuletzt brachten der holprige Impfstart und Berichte über Reibereien mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) schlechte Schlagzeilen. Sie hatte darauf gepocht, dass die Impfstoffbestellung Mitte des Jahres der EU-Kommission übertragen wurde, als Zeichen von gelebter Solidarität und gegen einen „Impfstoffnationalismus“.
Zusätzlich wurde auch noch die mutierte Coronavirusvariante B117 in mindestens vier Bundesländern, darunter Berlin, festgestellt. Und Mängel beim Frühwarnsystem für solche Lagen offensichtlich.
Denn es fehlen bundesweit Datengrundlagen, wie verbreitet die Mutante bereits ist. Dazu braucht es Genom-Sequenzierungen, Untersuchungen von positiven Corona-Tests. Zuletzt hatten FDP und Grüne deutlich kritisiert, dass es bisher keine Regelung von Spahn hierzu gebe.
Nun hat der Bundesgesundheitsminister Spahn am Montag einen Verordnungsentwurf vorgelegt. Jedes Labor soll 200 Euro je Sequenzierung bekommen. Das ist bewusst großzügig gestaltet, damit möglichst viele stattfinden. Labore sollen das Untersuchungsmaterial und Isolate von Krankheitserregern auf SARS-CoV-2 untersuchen und eine Genomsequenzierung vornehmen. Die Daten sollen dann an das RKI geschickt werden, um einen bundesweiten Überblick zu haben.
Eine Überwachung der neuen Virusvarianten sei nur möglich, "wenn eine ausreichend hohe Zahl von möglichst repräsentativ erhobenen Genomsequenzdaten analysiert wird", wird in dem Entwurf betont. Die Verordnung soll Mittwoch vom Kabinett beschlossen und dann umgehend in Kraft treten. Insgesamt will der Bund 200 Millionen Euro zur Verfügung stellen, geht aus dem Entwurf für die Verordnung des Gesundheitsministeriums zur sogenannten Gen-Sequenzierung hervor. Allerdings ist bislang völlig unklar, ob und wie die Labore diesen Zusatzaufwand leisten können, da im Prinzip händisch positive Corona-Proben herausgesucht und der Sequenzierung unterzogen werden müssen.
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Klar ist: Mit der Mutation ist auch das schnelle Impfen noch einmal wichtiger geworden, denn es gibt bereits erste Forderungen, auch die Betriebe zu schließen, sollte das Virus sich nun wie in anderen Ländern schneller und stärker ausbreiten - es gilt zwar nicht als gefährlicher, aber als um rund 40 Prozent ansteckender. Aber auch eine Datengrundlage, wie verbreitet die Mutante überhaupt schon ist. Die Virologin Isabella Eckerle von der Uni Genf vermutet, dass B117 bald europaweit die dominierende Coronavirus-Variante sein wird.
Katastrophenfall in London wegen Mutation
Die Mutante hat in Großbritannien und Irland die Lage dramatisch verschärft. Pro 100.000 Einwohnern zählte Großbritannien in der vergangenen Woche mehr als 600 Neuinfektionen. Die Anzahl der Toten überstieg am Wochenende die Schwelle von 80 000.
In London hat Bürgermeister Sadiq Khan am Freitag den Katastrophenfall ausgelöst. Die Sieben-Tages-Inzidenz liegt dort inzwischen bei mehr als 1000. Wie stark die neue Variante wütet, wurde durch zehntausende Genom-Sequenzierungen deutlich, Untersuchungen von positiven Corona-Tests auf Veränderungen des Virus.
In Deutschland wird das bisher kaum praktiziert, das Robert-Koch-Institut (RKI) hat in den vergangenen Wochen im Schnitt gut 60 Proben pro Woche zugeschickt bekommen, die auf die neue Variante untersucht werden sollten. Dabei hatten schon 2019 Wissenschaftler Spahn gemahnt, das massiv auszuweiten. Während in Deutschland nur etwa jeder 900. positive Corona-Test so einer Analyse unterzogen wird, geschieht das in Großbritannien mit etwa jedem 20.
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Mit dem am 18. November verabschiedeten dritten Bevölkerungsschutzgesetz wurde die Grundlage für bundesweite Regelungen gelegt, dennoch kommt es erst jetzt zu der Verordnung.. "Wir haben eine völlige Blackbox bei der Bedrohungslage", sagte erst am Wochenende der Grünen-Gesundheitspolitker Janosch Dahmen, man sei Lichtjahre hinter Großbritannien. Die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Christine Aschenberg-Dugnus, meinte: „Aktuell haben wir eine brandgefährliche Wissenslücke, welche Mutationen in welchem Umfang in Deutschland im Umlauf sind.“
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