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Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammad bin Salman bekommt eine neue US-Außenpolitik zu spüren.
© imago images/ITAR-TASS

Biden verschärft Kurs gegen Riad: Kronprinz bin Salman gerät in politische Isolation

Die USA machen Saudi-Arabiens Kronzprinzen für die Ermordung des Kritikers Khashoggi verantwortlich. Das ist ein Einschnitt in den bisher engen Beziehungen.

Es sind nur vier Seiten. Aber die haben es in sich. „Wir gehen davon aus, dass der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman eine Operation mit dem Ziel genehmigt hat, den Journalisten Jamal Khashoggi in der Türkei zu fangen und zu töten“, heißt es in dem Bericht, den die amerikanische Geheimdienstkoordinatorin Avril Haines am Freitag veröffentlichen ließ.

Und: „Seit 2017 hat der Kronprinz die absolute Kontrolle über den saudischen Sicherheits- und Geheimdienstapparat. Dies macht es sehr unwahrscheinlich, dass saudische Beamte eine Operation dieser Bedeutung ausführen, ohne dass der Kronprinz vorher seine Zustimmung dazu gegeben hat.“

Mit anderen Worten: Die USA machen Saudi-Arabiens De-Facto-Machthaber für die Ermordung des Regimekritikers Khashoggi in Istanbul verantwortlich. Das ist ein Einschnitt in den engen Beziehungen zwischen Washington und Riad.

Donald Trump hatte seine schützende Hand über bin Salman gehalten, ignorierte die massiven Vorwürfe, machte Geschäfte mit ihm – und sprach davon, dass die saudische „Vertuschungsaktion eine der schlechtesten in der Geschichte“ gewesen sei.

Doch Joe Biden als sein Nachfolger im Amt des US-Präsidenten ist nicht gewillt, diesen Kurs des Bemäntelns fortzusetzen. Vor Kurzem hatte er schon Amerikas Unterstützung für die Saudis im Jemenkrieg beendet. Biden nannte den Konflikt eine „strategische und humanitäre Katastrophe“.

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Nun wird auch der gewaltsame Tod Kashoggis und damit ein grausiges Verbrechen beim Namen genannt, ebenso wie die Täter und deren Hintermänner. Einige wurden jetzt mit Strafmaßnahmen belegt – nicht jedoch der Thronfolger selbst.

„Das ist eine politische Isolierung“

Ein kluger Schritt, findet Guido Steinberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik. Diejenigen, die direkt an der Ermordung Khashoggis beteiligt waren, würden jetzt gezielt durch Sanktionen isoliert. „Sie werden Saudi-Arabien in nächster Zeit nicht mehr ohne weiteres Richtung Westen verlassen können. Und: Jeder außerhalb des Königreichs wird sich in Zukunft genau überlegen, ob er mit dem Kronprinzen noch in Kontakt treten will und kann. Das ist eine politische Isolierung.“

Freunde des ermordeten Journalisten gedenken Jamal Khashoggi vor dem saudi-arabischen Kosulat in Istanbul.
Freunde des ermordeten Journalisten gedenken Jamal Khashoggi vor dem saudi-arabischen Kosulat in Istanbul.
© Ozan KOSE / AFP

Indirekt sei das nicht zuletzt ein Aufruf des amerikanischen Verbündeten, die Saudis mögen sich das doch bitte mit der bisherigen Nachfolge für den betagten König Salman gut überlegen. Allerdings glaubt Experte Steinberg nicht, dass sich an den Machtverhältnissen in der erzkonservativen Golfmonarchie Grundlegendes ändern wird.

„Es besteht kaum ein Zweifel daran, dass Mohammed bin Salman fest im Sattel sitzt.“ Das sei den Verantwortlichen in Washington klar. Der Prinz hat in der Tat seine Herrschaft ausgebaut und potenzielle Rivalen aus dem Weg geräumt.

Hinzu kommt: Amerika weiß sehr genau, dass Saudi-Arabien im Nahen Osten nach wie vor ein wichtiger Partner ist – zum Beispiel mit Blick auf den Konflikt mit dem Iran.

Zugleich wird es jedoch für bin Salman enorm schwierig, außerhalb seines Königreiches Politik zu machen. „Der Prinz ist nach der Veröffentlichung des US-Geheimdienstberichts einmal mehr eine unerwünschte Person“, sagt Steinberg.

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