Grünen-Parteispitze irritiert: Kretschmann hält Özdemir für kanzlerfähig
Der Ministerpräsident Baden-Württembergs lobt Özdemirs Talent, Biografie und Redekunst. Der Bundesgeschäftsführer wundert sich über die Personaldebatte.
Ministerpräsident Winfried Kretschmann hält neben den amtierenden Grünen-Vorsitzenden Habeck und Baerbock auch den früheren Parteichef Özdemir für kanzlerfähig. „Was soll an Robert Habeck, Annalena Baerbock und Cem Özdemir schlechter sein als an den Kandidaten, die sonst noch gehandelt werden?“, sagte Kretschmann (Grüne) dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Özdemir sei ein sehr talentierter Politiker mit einer bemerkenswerten Biografie. „Vom Kind einer Gastarbeiterfamilie zum Grünen-Vorsitzenden, das ist schon ein beachtlicher Weg und eine große Ermutigung für viele Menschen.“ Zudem sei Özdemir ein großartiger Redner und sachkundig.
Die Parteispitze in Berlin reagierte irritiert. „Es erstaunt mich, dass Winfried Kretschmann jetzt schon wieder eine Personaldebatte aufmacht“, sagte der Politische Bundesgeschäftsführer Michael Kellner. Es gelte weiter, dass die Fragen geklärt würden, wenn sie anstünden, und zwar als Bundespartei. Die Grünen hätten gerade erst mit Rekordwerten wiedergewählte, „bärenstarke“ Vorsitzende und kümmerten sich um Inhalte.
Kein Ministerium für die Grünen
Im Bund gebe es gerade keine Ministerien, die die Grünen besetzen könnten – „wenn überhaupt hat Winfried vielleicht in Baden-Württemberg etwas im Angebot“, sagte Kellner.
Kretschmann hatte erst Anfang November die Parteispitze verstimmt, weil er Habeck einen geeigneten Kanzlerkandidaten genannt hatte und Baerbock zunächst nicht erwähnte. Die Grünen versuchen, die Debatte um die Kanzlerfrage nicht zu führen.
Özdemir kommt aus dem baden-württembergischen Bad Urach. Er kandidierte im September für den Vorsitz der Grünen-Bundestagsfraktion, setzte sich aber nicht durch. Immer wieder war spekuliert worden, dass Özdemir Kretschmann als Ministerpräsident in Baden-Württemberg beerben könnte. Kretschmann will aber zur Landtagswahl 2021 wieder antreten. Er mahnte jetzt: „Wir müssen aufpassen, dass solche Talente nicht zwischen Baum und Borke hängen und irgendwann etwas anderes machen.“ (dpa)