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Eine von Morales-Unterstützern geplünderte Apotheke in Boliviens Hauptstadt La Paz.
© JORGE BERNAL / AFP

Trotz Rücktritt von Morales: Krawalle in Bolivien halten an

Morales bekräftigt, er scheide nicht freiwillig aus dem Amt. Militante Demonstranten setzen Gebäude in Brand und plünderten Geschäfte.

Bolivien kommt auch nach dem angekündigten Rücktritt von Präsident Evo Morales nicht zur Ruhe. In der Nacht zum Montag kam es in der Hauptstadt La Paz erneut zu gewaltsamen Ausschreitungen. Militante Demonstranten setzten Gebäude in Brand und plünderten Geschäfte.

Der prominente Oppositionspolitiker Waldo Albarracin teilte über Twitter mit, sein Haus sei von Morales-Anhänger in Brand gesetzt worden. Die oppositionelle Senatorin Jeanine Anez erklärte, sie sei zur Übernahme der Verantwortung für das Land bis zur Neuwahl bereit

Morales bekräftigte, er scheide nicht freiwillig aus dem Amt. "Die Welt und unsere bolivianischen Patrioten lehnen den Coup ab", ließ er über Twitter wissen. "Sie haben mich zu Tränen gerührt, sie werden mich niemals im Stich lassen, ich werde sie niemals im Stich lassen". Nach der bolivianischen Verfassung sollte ohne Präsident und Vize-Präsident eigentlich der Präsident des Senats das Land in der Übergangsphase führen. Aber auch Amtsinhaberin Adriana Salvatierra war am Sonntagabend zurückgetreten.

Morales hatte am Sonntag seinen Abgang nach 14 Jahren an der Macht erklärt und zugleich von einem Putsch gegen ihn gesprochen. Damit scheint der Weg zu Neuwahlen frei zu sein. Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) hatte zuvor Neuwahlen empfohlen, weil sie bei der Präsidentenwahl am 20. Oktober nach eigenen Angaben ernste Unregelmäßigkeiten festgestellt hatte. Es habe schwerwiegende Manipulationen der Computersysteme gegeben. Daher müsse die Wahl annulliert werden und es Neuwahlen geben. Morales hatte daraufhin am Sonntag zunächst erklärt, Neuwahlen anzusetzen und die Wahlkommission auszutauschen.

Kritik aus Russland

Während Kritik aus Russland und linksregierten südamerikanischen Staaten kam, begrüßte die Bundesregierung den Schritt von Morales. Er habe mit seinem Rücktritt den Weg frei gemacht für eine Neuwahl, was ein "wichtiger Schritt hin zu einer friedlichen Lösung" sei, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Er verwies auf die Erkenntnisse der OAS. Bolivien durchlaufe eine schwere Krise, die Bundesregierung verfolge die Entwicklung mit Sorge. Die russische Regierung verurteilte indes die Entwicklungen als "orchestrierten Putsch". Zumindest sehe es danach aus, erklärte das Außenministerium in Moskau. Die Opposition sei für die anhaltende Gewalt verantwortlich.

Unterstützung von Nachbarn

Einige von Morales' Verbündeten in Lateinamerika bezeichneten die Wende der Ereignisse ebenfalls als Putsch, darunter der venezolanische Präsident Nicolas Maduro und der designierte argentinische Präsident Alberto Fernandez. Der mexikanische Außenminister Marcelo Ebrard sagte, sein Land werde Morales Asyl anbieten, wenn er es suche.

Der Links-Politiker Morales sagte in einer TV-Ansprache am Sonntag, dass er sein Rücktrittsschreiben einreichen würde, um zur Wiederherstellung der Stabilität beizutragen und richtete sich an seine Gegner, die einen in seinen Worten "Bürgerputsch" angezettelt hätten. Mit Verweis auf die anhaltenden politischen Spannungen erklärte Morales später auf Twitter, dass die Polizei einen "illegalen" Haftbefehl gegen ihn habe und dass "gewalttätige Gruppen" sein Haus angegriffen hätten. Der Chef der bolivianischen Polizei äußerte dagegen in einem Fernsehinterview, es gebe keinen Haftbefehl gegen Morales. (rtr)

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