Länderfinanzausgleich: Konzert der Solisten
Die Ministerpräsidenten der Länder beraten mal wieder den Finanzausgleich. Der Ansatz, darüber im kleinen Kreis der Regierungen zu verhandeln, ist kein Zukunftsmodell. Ein Kommentar.
Das Teilen beherrschen“ – diesen Titel haben einige Wissenschaftler um die Berliner Politologin Sabine Kropp ihrem gerade erschienenen Buch gegeben, in dem es um die Reform des Bund-Länder-Finanzausgleichs geht. Eine „Dauerbaustelle mit bleibendem Konfliktpotenzial“. In der Tat sind die Baumeister schon ziemlich lange am Werk, und ob die Ministerpräsidentenkonferenz nun an diesem Donnerstag ans Ziel kommt, ist unklar. Einige, wie der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), dringen zwar auf eine zügige Einigung. Die Arbeitsgruppe, in der die Regierungschefs von Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Hessen, Sachsen und Bayern nach einer Lösung suchten, tagte am Mittwoch - Ergebnis unbekannt. Die 16 Länder – beherrschen sie das Teilen nicht? Nun ja, es dauert eben. Eigentlich sind sie sich ziemlich nahe. Aber möglicherweise trauen sie sich noch nicht. Ein Beschluss, der einen Beschluss in Aussicht stellt, würde jedenfalls ganz gut zur bisherigen Geschichte dieser Reform der Bund-Länder-Beziehungen passen. Sie war an Windungen und Wendungen reich, kuriose Ereignisse eingeschlossen. Der Historiker, der sich mal an das Thema macht, wird Spaß haben.
Welche Tonart, welche Melodie?
Das Problem: Das Länderorchester war sich nie einig, in welcher Tonart man eigentlich welche Melodie spielen wollte. Und wie stark man dem Dirigenten, als der sich der Bund schnell verstand, folgen wollte und sollte. Es begann mit der Solonummer aus München (die bayerische Regierung verlangte eine Minderung der Einzahlungen in den Länderfinanzausgleich). Dann folgten Einzelarien etwa aus Düsseldorf (NRW will Zahlerland sein und den Finanzausgleich dahingehend stricken) oder den Ost-Ländern. Oder in der Kakofonie verklingende Konsensvorschläge, wie der aus Stuttgart. Als man einer Lösung nahe war, die auf eine Verewigung des Solidaritätszuschlags hinauslief, machte das Kanzleramt nicht mit. Als „running gag“ gab es die mehr oder weniger geheimen Non-Papers, mit denen der Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble die Tonart setzen wollten. Das Grundproblem aber war, dass man sich entschieden hatte, hinter dem Vorhang und nicht auf offener Bühne zu musizieren.
Kein offenes Verfahren
Bei den beiden Vorgängerreformen hatte man sich dagegen für mehr Publikumsnähe entschieden, für Kommissionen von Bundestag und Bundesrat, die in einem mehr (unter Müntefering/Stoiber) oder weniger (unter Oettinger/Struck) transparenten Verfahren arbeiteten. An beiden Reformen waren, wenn auch mit beschränkter Wirkung, Landtage und Kommunen beteiligt. Jetzt blieben Parlamente, Städte, Landkreise, obwohl betroffen, weitgehend außen vor, verwiesen auf informelle Kanäle. Der Versuch, die Bund-Länder-Finanzreform allein den Exekutiven zu überlassen, Ministerpräsidentenkonferenz und Bundesregierung, verlief undurchsichtig, holprig, unstrukturiert. Es ist kein Zukunftsmodell. Die nächste Reform wird sicherlich bald kommen. Dann wird es weiter um Finanzen gehen, Steuerautonomie, Zuständigkeiten im Bundesstaat, um Schuldenprobleme und die Pensionslasten. Es spricht einiges dafür, sie wieder auf offener Bühne aufzuführen mit einem Orchester, in dem die Legislativen mitspielen.