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Das Kernkraftwerk Grohnde in der Gemeinde Emmerthal im Landkreis Hameln-Pyrmont (Niedersachsen).
© Julian Stratenschulte/dpa

„Kein falscher Respekt vor Ökopopulisten“: Konservative CDU-Abgeordnete wollen Kernkraftwerke länger laufen lassen

In der CDU entwickelt sich eine Debatte über den richtigen Kurs in der Klimapolitik. Dabei spielen auch die Wahlen in Ostdeutschland eine Rolle.

Wie der Spiegel berichtete, möchte die Werteunion aus ultrakonservativen CDU- und CSU-Mitgliedern nun eine Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke, damit der Kohleausstieg schneller möglich ist. Vor einem Monat forderte schon Linde-Aufsichtsratschef Wolfgang Reitzle die Rückkehr zur Atomkraft. Vor wenigen Tagen sprach sich auch VW-Chef Herbert Diess im Tagesspiegel-Background für eine längere Laufzeit aus.

Er akzeptiert zwar die harte Arbeit, die in den Kohlekompromiss mit dem Enddatum 2038 investiert wurde. „Dennoch kommt der Kohleausstieg nach meiner Überzeugung viel zu spät“, sagte Diess in der Wolfsburger Konzernzentrale. „Und die Prioritäten sind falsch gesetzt worden: Man hätte erst aus der Kohle und dann aus der Kernkraft aussteigen sollen.“ Er fügte hinzu: „Wenn uns der Klimaschutz wichtig ist, sollten die Kernkraftwerke länger laufen.“

Im Kampf gegen die Erderwärmung müsse man „an den großen Hebeln ansetzen – also an der Vermeidung von fossilen Energieträgern. Kohle, Öl, Gas. Vor allem Braunkohle.“ Diess sagte weiter: „Wir können die Klimaziele erreichen, wenn wir weltweit die Kohleförderung stark begrenzen und nicht ausbauen. Es werden aber 500 neue Kohlekraftwerke gebaut und 500 neue geplant. Die Bundesregierung könnte hier auch international deutlich mehr Einfluss ausüben. Stattdessen wird in Deutschland immer noch der Kohleabbau steuerlich gefördert. Das ist nicht konsequent.“

Die Forderung des VW-Chefs zur Atomkraft rief scharfe Kritik hervor. Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth schrieb dazu bei Twitter: "Warum VW-Chef Diess sich zu rückschrittlicher Energieversorgung mit Atomstrom bekennt, statt sich auf eine fortschrittliche Verkehrspolitik und saubere, klimafreundliche Autos für alle Geldbeutel zu konzentrieren, bleibt sein Geheimnis."

Die ehemalige Grünen-Vorsitzende Simone Peter kritisierte Diess dort ebenfalls scharf: "Wer am Atomausstieg rüttelt, wird neben 'Fridays For Future' noch die gesamte Generation 'Atomkraft Nein Danke' marschieren sehen." Und weiter schreibt die Präsidentin des Bundesverbandes Erneuerbare Energie: "Ich erinnere mich an 100.000 in Berlin im Jahr 2010 wegen des Ausstiegs aus dem Atomausstieg.

Linken-Chef Bernd Riexinger kritisierte ebenso den Diess-Vorschlag zur Atomenergie: „Jetzt den Atomausstieg in Zweifel zu ziehen, ist einfach unverantwortlich“, sagte er dem „Business Insider“. „Wir haben keinerlei Lösung für radioaktiven Müll, und wenn wir die nicht haben, können wir auch nicht einfach Atomkraftwerke weiter betreiben“, sagte er Business Insider. Außerdem sei die Frage der Reaktorsicherheit „überhaupt nicht beantwortet“.

Auch der Energieexperte Volker Quaschning drückte sein Unverständnis aus. Er habe zwischendurch den Eindruck gehabt, VW würde sich ändern. "Nun holt Diess die Kernenergie wieder aus der Mottenkiste. Kernkraftwerke sind als Backup für Erneuerbare ungeeignet und blockieren die Energiewende", schreibt der Professor für Regenerative Energiesysteme an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin beim Kurznachrichtendienst.

Das stillgelegte Atomkraftwerk Biblis.
Das stillgelegte Atomkraftwerk Biblis.
© Fredrik von Erichsen/dpa

Klimapolitisch nicht auf den fahrenden Zug aufspringen

Der Chef der nordrhein-westfälischen CDU-Abgeordneten im Bundestag, Günter Krings, warnt die Parteispitze davor, sich zu sehr auf die Klimapolitik zu fokussieren. „Klimapolitik ist wichtig, in den anstehenden Wahlkämpfen in Ostdeutschland sind aber vor allem auch Themen der Inneren Sicherheit und des Rechtsstaats entscheidend“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Dienstag). „Nichts ist so gefährlich, wie sich auf die Wahlkämpfe von gestern vorzubereiten“, sagte er - offensichtlich mit Blick auf den Erfolg der Grünen bei der Europawahl; die Grünen hatten stark auf umweltpolitische Themen gesetzt.

Am 1. September finden Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg statt, am 27. Oktober wählt Thüringen. In allen Ländern ist die AfD, die vor allem die Asylpolitik der Bundesregierung kritisiert und Mängel in der öffentlichen Sicherheit anprangert, stark. Krings sagte, die CDU sollte sich in der Klimapolitik mit einem eigenen Konzept deutlich von den Grünen abgrenzen. Ziele und Ideen anderer nur zu kopieren, sei nicht sinnvoll. „Wer auf einen fahrenden Zug aufspringt, kriegt meist nur noch einen Stehplatz.“

Der Vorsitzende der konservativen Werte-Union, Alexander Mitsch, sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Wir werden als Union weder Probleme lösen noch Wählervertrauen zurück gewinnen, wenn wir uns aus falschem Respekt vor den grünen Ökopopulisten bei den dringenden Themen Innere Sicherheit, Begrenzung und Steuerung der Einwanderung sowie Senkung der Steuer- und Abgabenlast wegducken.“ (dpa, Tsp)

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