Öcalan und die Türkei: Kommt wieder Bewegung in die Kurdenfrage?
Kurdenführer Abdullah Öcalan befiehlt aus dem Gefängnis das Ende eines Hungerstreiks. Ein Zeichen der Entspannung im Verhältnis zur Türkei? Ein Kommentar.
Selbst Jahrzehnte nach seiner Inhaftierung ist der Chef der Terrororganisation PKK, Abdullah Öcalan, für viele Kurden ein wichtiger Mann. Auf seinen Befehl hin beendeten kurdische Politiker und Häftlinge am Sonntag ihre Hungerstreiks. Die türkische Regierung hatte Öcalan nach Jahren wieder Kontakt zu seinen Anwälten erlaubt, um ihm die Möglichkeit zu geben, auf die Hungerstreikenden einzuwirken. Ankara wollte Todesfälle und neue Unruhen verhindern. Auch im Konflikt zwischen der Türkei und den syrischen Kurden könnte Öcalan vermitteln.
Dass Präsident Erdogan hofft, wegen der neuen Linie bei der neuen Bürgermeisterwahl in Istanbul mehr Zuspruch von den Kurden zu bekommen, ist unwahrscheinlich. Zwar leben am Bosporus mehr als eine Million Kurden, deren Stimmen bei der Wahl am 23. Juni ausschlaggebend sein könnten. Doch mit ein paar Anwaltsbesuchen allein dürften sie nicht zu überzeugen sein. Das ist zu durchsichtig: Erdogans Regierung verteufelt die legale Kurdenpartei HDP als Terroristenbande. Immerhin signalisiert die Türkei aber die Bereitschaft, Probleme anders zu lösen als mit Gewalt. Ein neuer Friedensprozess ist das noch nicht – besser aber als die Sprachlosigkeit der vergangenen Jahre.