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Innenminister Horst Seehofer, Finanzminister Olaf Scholz und Kanzlerin Angela Merkel
© Bernd von Jutrczenka/dpa

Treffen in Berlin: Koalitionsrunde tagt zur Rente – Seehofer erwartet Fortschritte

Merkel trifft sich mit Spitzenvertretern der Koalition. Es geht um die Renten- und Arbeitsmarktpolitik. Dem CSU-Chef zufolge sind „riesige Probleme“ zu lösen.

Bei einem Treffen in Kanzleramt haben die Koalitionsspitzen nach Lösungen in strittigen Fragen der Renten- und Arbeitsmarktpolitik gesucht. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kam dazu am Samstagabend in Berlin mit CSU-Chef Horst Seehofer sowie Vizekanzler und Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) zusammen. Eine Unterrichtung der Öffentlichkeit nach dem voraussichtlich bis tief in die Nacht dauernden Treffen war nicht geplant.

Merkel, Seehofer und Scholz planen für diesen Sonntag jedoch jeweils getrennte öffentliche Auftritte. Der Finanzminister stellt sich am frühen Nachmittag beim Tag der offenen Tür der Bundespressekonferenz Fragen der Bürger. Merkel und Seehofer werden zu Sommerinterviews von ARD und ZDF erwartet, die am Abend ausgestrahlt werden sollten. Dabei dürfte auch etwas über das Treffen vom Abend bekannt werden.

Seehofer hatte sich zuvor optimistisch geäußert, dass die große Koalition nach dem erbitterten Unionsstreit um Zurückweisungen von Migranten an der Grenze und der Regierungskrise des Frühsommers ein Signal der Handlungsfähigkeit setzen kann. Zwar seien die Probleme riesig, gerade was die Zukunft der Rente angehe. Vielleicht werde man nicht alle Probleme sofort lösen, „aber ich glaube, wir werden wesentliche Schritte vorankommen“, sagte er. Die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles drang am Samstag im Deutschlandfunk auf eine schnelle Verständigung mit der Union in der Rentenfrage.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte CDU und CSU kürzlich vorgeworfen, sie blockierten das geplante Rentenpaket. Es sieht Verbesserungen der Mütterrente und für Erwerbsminderungsrentner vor, eine Entlastung von Geringverdienern bei Sozialbeiträgen und eine Stabilisierung des Rentenniveaus und der Beitragssätze bis 2025. In der Koalition strittig ist auch eine von der Union verlangte stärkere Entlastung beim Arbeitslosenbeitrag.

SPD will Rentenniveau bis 2040 sichern

Der deutsche Staat hat dank der guten Wirtschaftslage derzeit so viel Geld in der Kasse wie nie zuvor. In der ersten Jahreshälfte nahmen Bund, Länder, Gemeinden und Sozialkassen unter dem Strich 48,1 Milliarden Euro mehr ein, als sie ausgaben. Dies hatte das Statistische Bundesamt am Freitag anhand vorläufiger Daten mitgeteilt.

Nahles bekräftigte die Forderung der SPD nach einer Sicherung des Rentenniveaus bis zum Jahr 2040 und warnte den Koalitionspartner davor, eine längere Lebensarbeitszeit ins Auge zu fassen. „Eine Sicherheitsgarantie macht nur Sinn, wenn man gleichzeitig nicht das Renteneintrittsalter erhöht“, sagte die SPD-Chefin. „Die SPD ist gegen eine Anhebung des Renteneintrittsalters.“ Das nämlich würde de facto eine Rentenkürzung bedeuten, die mit ihrer Partei nicht zu machen sei.

SPD-Haushaltsexperte Johannes Kahrs sprach sich zur Stabilisierung der gesetzlichen Rente bis 2040 für zusätzliche Steuern aus. „Der Zuschuss aus dem Bundeshaushalt für die Rente wird langfristig steigen“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag). „Wir müssen über zusätzliche Einnahmequellen sprechen, zum Beispiel über die Finanztransaktionssteuer oder eine zusätzliche Steuer für große Vermögen.“ Die Verschiebung des Soli-Abbaus oder eine höhere Mehrwertsteuer seien aber kein Thema.

Strittig waren in der Koalition auch unter anderem die Bedingungen für eine von der Union verlangte stärkere Entlastung beim Arbeitslosenbeitrag. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hält das für vorstellbar, knüpft es aber an Bedingungen. So sollten kleine und mittlere Firmen bei Investitionen in Weiterbildung unterstützt werden. Zudem geht es um Verbesserungen für kurzfristig Beschäftigte beim Arbeitslosengeld.

Im Koalitionsvertrag haben Union und SPD festgelegt, den Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung zum 1. Januar 2019 um 0,3 Punkte auf 2,7 Prozent des Bruttolohns zu senken. Die Beitragszahler sollen so um 3,5 Milliarden Euro entlastet werden. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) hatte zuletzt betont, es gebe Spielraum für eine Senkung um 0,6 Punkte. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt forderte eine Senkung „um mindestens 0,5 Prozent“. Dies bedeute eine Entlastung von rund sechs Milliarden Euro, sagte er der „Bild“-Zeitung.

Hintergrund ist, dass der Beitrag zur Pflegeversicherung ebenfalls zum 1. Januar 2019 steigt. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat eine Anhebung um 0,3 Punkte angekündigt, hält aber auch eine Größenordnung von 0,5 Punkten für realistisch. Derzeit liegt der Satz bei 2,55 Prozent des Bruttoeinkommens, Kinderlose zahlen 2,8 Prozent.

Offen war zuletzt auch, ob die Senkung des Arbeitslosenbeitrags mit dem von Heil geplanten Rentenpaket verbunden werden sollte. Es sieht Verbesserungen bei der Mütterrente und für Erwerbsminderungsrentner vor sowie eine Entlastung von Geringverdienern bei Sozialbeiträgen und eine Stabilisierung des Rentenniveaus und der Beitragssätze bis 2025. Zur Ausgestaltung der Mütterrente gab es zuletzt Diskussionen.

„Bisher haben Union und SPD keine überzeugenden Vorschläge zur Rente geliefert“, kritisierte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. Den Vorstoß der SPD nannte sie „Klientelpolitik“. „Er verspricht Menschen aus regulären Arbeitsverhältnissen, die bald in Rente gehen, mehr Leistungen und verschuldet sich dabei bei den kommenden Generationen komplett.“ Herunter fielen die Menschen, denen Altersarmut drohe. „Rentenpolitik macht man nicht mit Boxhandschuhen, sondern nur im breiten Konsens, damit er auch über die Regierungszeit hält.“

Der finanzpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Florian Toncar, nannte die SPD „völlig von der Rolle“. „Trotz Rekordeinnahmen sollen neue Steuererhöhungen kommen, um Scholz' und Nahles vollkommen unausgegorene Rentenversprechen zu finanzieren. Das würde die Menschen in der Mitte unserer Gesellschaft hart treffen.“ (dpa)

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