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Prostituierte auf dem Autobahnstrich
© dpa

Prostitution: Koalition will rot-grünes Gesetz rasch reformieren

Die Koalition will noch 2014 das rot-grüne Prostitutionsgesetz reformieren. Bordelle sollen stärker kontrolliert werden, ebenso wie die Arbeitsbeziehungen zwischen Betreibern und Prostituierten. Die Union möchte sogar die Amtsarztpflicht wieder einführen.

Die schwarz-rote Koalition hat es eilig: Noch in diesem Jahr soll ein gemeinsamer Entwurf zur Reform des Prostitutionsgesetzes von 2002 vorliegen. Es hat nach Auffassung seiner Gegner Deutschland zum „Bordell Europas“ gemacht und Menschenhandel befördert.

Ansetzen wollen die Koalitionspartnerinnen Union und SPD vor allem beim Betrieb und der Genehmigung von Bordellen: Sie sollen eine Genehmigung brauchen, die Betreiber dürfen keine Vorstrafen haben. Außerdem denken beide Parteien daran, auch in die Arbeitsbeziehung zwischen Bordellbetreiber und Prostituierten einzugreifen: Angebote wie Flatrate-Sex – manche Klubs werben mit Pauschalpreisen – sollen verboten werden. Gleichzeitig sind bessere Aufenthaltsrechte für verschleppte Frauen geplant.

Die Union wandte sich überhaupt gegen Verabredungen über das Angebot sexueller Dienstleistungen im Bordell: Solche Weisungen des Mannes gegenüber der Frau seien „ein krasser Verstoß gegen unsere Werteordnung“, sagt der CSU-Rechtspolitiker Hans-Peter Uhl. Seine Fraktion will eine Mindestaltersgrenze für Huren von 21 Jahren, sie sollten sich anmelden und regelmäßig amtsärztlich untersucht werden. So kämen die Frauen zu Ansprechpartnern, die ihnen helfen könnten, lautet die Begründung.

Zu diesem amtsärztlichen Gesundheitszeugnis, umgangssprachlich „Bockschein“, waren Prostituierte bis 2002, als das Gesetz der Regierung Schröder in Kraft trat, vielerorts verpflichtet; es wurde von der in den 1970er Jahren entstandenen Hurenbewegung heftig bekämpft. Sie argumentierte, der Zwang stigmatisiere Sexarbeiter als Krankheitsherde, obwohl sie selbst größtes Interesse hätten, gesund zu bleiben. Er diene vor allem Demütigung und Kontrolle.

Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Eva Högl versicherte gleichwohl letzte Woche in der „Welt“, man sei sich mit der Union weitgehend einig: „Es geht nur noch um Detailfragen.“ Der Bundesrat hatte am Freitag bereits eine Empfehlung verabschiedet, die ebenfalls den Zugriff auf Bordelle verschärfen will.

SPD: Schutz in der Prostitution werde angestrebt

Nach den Worten der Parlamentarischen Staatssekretärin Elke Ferner (SPD) soll am Geist der Reform von 2002 insofern festgehalten werden, dass man weiter nicht den „Schutz vor der Prostitution“ anstrebe, sondern den „in der Prostitution“. Das „Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten“ (ProstG), seit 1. Januar 2002 in Kraft, zielte darauf ab, die Lage von Huren durch ein Mehr an Rechten zu verbessern. Seitdem ist ihr Lohn einklagbar, sie können sich arbeitslosen-, renten- und krankenversichern; gute Arbeitsbedingungen im Bordell werden nicht mehr als „Förderung der Prostitution“ verfolgt.

Union und SPD hatten sich im Koalitionsvertrag auf eine „umfassende Überarbeitung“ des ProstG geeinigt und dies mit dem Schutz vor Menschenhandel und Zwangsprostitution begründet. Auch das Vorgehen gegen Kunden, die Zwangslagen ausnutzten, war beabsichtigt. Inzwischen mehren sich Zweifel, wie dies juristisch wasserdicht gemacht werden kann. Auch im Bundesrat scheiterte jetzt ein entsprechender Antrag.
Die Sexworker-Vertretung „Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen“ sprach sich gegen eine Konzessierung von Bordellen aus und plädiert für die strikte Anwendung des Gewerberechts. Der Unionsvorschlag eines Mindestalters von 21 Jahren gehe „an der Lebenswirklichkeit in unserer Branche vorbei“. Gesetze könnten daran nichts ändern.

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