Nach Besuchsverbot der Türkei: Koalition uneins über Verbleib der Bundeswehr in Incirlik
Unterschiedliche Ansichten zum Umgang mit der Türkei: Während SPD-Fraktionschef Oppermann den Abzug der Truppe fordert, plädiert CDU-Außenpolitiker Kiesewetter für den Verbleib in Incirlik.
Im Streit um das Besuchsrecht deutscher Abgeordneter bei den im türkischen Incirlik stationierten Bundeswehrsoldaten fordert die SPD eine Kurskorrektur Ankaras bis zum Nato-Gipfel kommende Woche. "Wenn es beim kommenden Nato-Gipfel nicht zu einer klaren Korrektur kommt, müssen wir die Bundeswehr aus Incirlik abziehen", sagte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann dem Nachrichtenmagazin "Focus". Die Nato-Staats- und Regierungschefs kommen am nächsten Donnerstag zu einem Gipel in Brüssel zusammen.
Oppermann warf dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan Erpressung vor. Die Bundeswehr sei eine Parlamentsarmee und es sei nicht hinnehmbar, dass den Bundestagsabgeordneten der Kontakt mit den entsandten deutschen Soldaten verweigert werde, fügte er hinzu. Der SPD-Fraktionschef stellte auch die weitere Mitgliedschaft der Türkei in der Nato infrage: "Nato ist kein Bündnis für Autokraten, sondern eines zur Verteidigung westlicher Werte. Da passt eine Diktatur nicht ins Bild."
CDU-Außenpolitiker Kiesewetter ist anderer Meinung
Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter sprach sich dagegen für einen Verbleib der deutschen Soldaten am türkischen Luftwaffenstützpunkt Incirlik aus. Abgeordnete müssten den Stützpunkt "nicht zwingend" besuchen dürfen, sagte Kiesewetter der "Deutschen Welle".
"Das Besuchsrecht ist wichtig, aber es trägt weder zur Verbesserung noch zur Verschlechterung der Lage dort bei." Entscheidend sei die Führung der Soldaten vor Ort und dass der Wehrbeauftragte freien Zugang erhalte. Die Bundesregierung habe "in Form einer Güterabwägung zu entscheiden, ob wir wirklich einen Keil zwischen Deutschland und die Türkei treiben lassen wollen".
Die türkische Regierung hatte diese Woche abermals einen Besuch von Bundestagsabgeordneten bei deutschen Soldaten auf dem Luftwaffenstützpunkt Incirlik verweigert. Hintergrund der neuesten Absage sind offenbar die von Deutschland anerkannten Asylanträge türkischer Soldaten. Deutschland beteiligt sich von Incirlik aus mit Aufklärungs-Tornados und Tankflugzeugen am Kampf gegen die Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS). Die Bundesregierung prüft Alternativen zu Incirlik, führt aber auch weiter Gespräch mit Ankara. (dpa/AFP)
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