Bundestag zum Asylrecht: Koalition erklärt Maghreb-Länder zu „sicheren Herkunftsstaaten“
Gegen die Stimmen der Opposition hat der Bundestag Algerien, Marokko und Tunesien als sichere Herkunftsländer eingestuft. Kritiker sprechen von einem "schwarzen Freitag".
Der Bundestag hebt die Hand und schon sind gleich drei Länder auf einmal gesichert, befriedet und alle haben einander lieb. Man kann nur hoffen, dass der Bundestag diese magischen Kräfte bald vielen weiteren Ländern zuteil werden lässt, die ungeduldig darauf warten, auch per Parlamentsvotum von Gewalt, Unterdrückung und Konflikten befreit zu werden.
schreibt NutzerIn soungoula
Der Bundestag hat die Einstufung von Tunesien, Algerien und Marokko als „sichere Herkunftsländer“ beschlossen. Der Vorschlag der Bundesregierung ist auch eine Reaktion auf die Übergriffe auf Frauen in der Kölner Silvesternacht, an denen vor allem Männer aus Nordafrika beteilig gewesen sein sollen.
Die Opposition lehnte den Gesetzentwurf mit Hinweis auf Menschenrechtsverletzungen in den drei Maghreb-Staaten ab. „Das ist ein schwarzer Freitag für das Grundrecht auf Asyl in Deutschland“, erklärte Andrej Hunko (Linke). Er rief die Grünen auf, den Entwurf im Juni im Bundesrat gemeinsam zu stoppen.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte: „Zum Helfen gehört auch Nein sagen können.“ Ziel seines Gesetzentwurfes ist es, die Asylverfahren zu verkürzen. Wer aus einem sogenannten sicheren Herkunftsstaat kommt, hat in der Regel kein Recht auf Asyl. Einige Nordafrikaner kämen nach Deutschland, „weil die Leistungen besser sind als vielleicht die Lebensbedingungen im Herkunftsland“, sagte der Innenminister.
Die Opposition sieht den Vorstoß auch deshalb kritisch, weil Homosexualität in den Maghreb-Staaten strafbar ist.
Im vergangenen Jahr waren fast 26 000 Neuankömmlinge aus dem Maghreb registriert worden. Inzwischen kommen wieder weniger. Die Anerkennungsquote von Asylbewerbern aus Tunesien, Marokko und Algerien lag im ersten Quartal 2016 bei 0,7 Prozent. Die Abschiebung von Nordafrikanern gestaltet sich oft schwierig. Viele von ihnen kommen ohne Papiere an.
Die Wohlfahrtsverbände Diakonie und Caritas hatten im Vorfeld an den Bundestag appelliert, die Liste der sicheren Herkunftsländer nicht zu erweitern. „Es rührt am Kern des Grundrechts auf Asyl - dem Recht auf individuelle Prüfung -, diese drei Länder als sichere Herkunftsstaaten einzustufen und über die Asylanträge Schutzsuchender von dort künftig in einem Schnellverfahren zu entscheiden“, sagte Diakonie-Präsident Ulrich Lilie den Tageszeitungen des RedaktionsNetzwerks Deutschland. (KNA/dpa)