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Zuschuss für käufliche Liebe? Pflegebedürftige leiden oft unter der Tabuisierung ihrer Sexualität.
© picture alliance / dpa

Bezahlte Sexdienste im Pflegeheim: Knaller für die Volksseele

Bei ihrem Vorstoß für käuflichen Sex in Pflegeheimen haben die Grünen politisches Gespür vermissen lassen. Dabei ist die Tabuisierung von Sexualität in den Heimen ein echtes Problem. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Rainer Woratschka

Schon wieder die Grünen. Kaum ist die Erregung über die Kritik der Parteivorsitzenden am Kölner Polizeieinsatz abgeflaut, kommt ihre Pflegeexpertin mit dem nächsten Knaller für die Volksseele. Elisabeth Scharfenberg hält es nicht nur für vorstellbar, Pflegebedürftigen Prostituierte zuzuführen. Sie hätte auch nichts dagegen, wenn deren „Dienstleistungen“ künftig über die Kommunen bezuschusst würden

Warum nur hat Gesundheitsminister Hermann Gröhe bei all seinen Pflegereformen daran nicht gedacht? Die meist kirchlichen Träger sind fürs Organisieren solcher Begegnungen doch prädestiniert. Und es gilt auch das politische Gespür zu bewundern: Ein Wahljahr ist bekanntlich der ideale Zeitpunkt für solch engagierte Vorstöße.

Wer vom "Satt-Sauber-Prinzip" wegkommen will, darf die Sexualität von Pflegebedürftigen nicht zum Tabu machen

Leider eignet sich das Thema aber weder für Sarkasmus noch die Moralkeule. Die Tabuisierung von Sexualität in den Pflegeheimen ist für die Menschen, die dort ihren Lebensmittelpunkt haben, ein echtes Problem. Weniger für Demenzkranke, wohl aber etwa für junge Behinderte. Wer vom unwürdigen „Satt-Sauber-Prinzip“ wegkommen will, muss sich darüber nicht nur wegen der Übergriffigkeit mancher Bewohner gegenüber dem meist weiblichen Pflegepersonal Gedanken machen.

Ob die Förderung von bezahltem Sex die richtige Antwort darauf ist, darf man bezweifeln. Wichtiger wären vielleicht erst mal mehr Rückzugsräume. Und vor allem: Respekt vor Intimität.

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