Aufgaben für Nachfolger: Klaus Wowereits offene Baustellen
Angetreten war Wowereit, um die Probleme Berlins zu lösen. Doch sein Nachfolger hat noch viel zu tun. Eine – unvollständige – Übersicht.
Klaus Wowereit geht – die Probleme in Berlin bleiben. Manche wie die Zentral- und Landesbibliothek sind direkt mit seinem Namen verbunden. Andere gehören zum unbewältigten politischen Erbe mehrerer Legislaturen. Hier ein Überblick.
Schulden
Berlins finanzielle Lage ist hoch problematisch. Die Neuverschuldung ist zwar gestoppt. Aber das gelang vor allem, weil Berlin weniger Zinsen für seine Schulden bezahlen muss und weil die Wirtschaft – wenn auch geringfügig – wächst, was Steuereinnahmen bringt. Trotzdem zwingen die Milliarden an Altschulden aus jahrzehntelanger Misswirtschaft zu einem drastischen Sparkurs mit einschneidenden Kürzungen bei den Investitionen. Die Folge: sanierungsbedürftige Betreuungs- und Bildungseinrichtungen, holprige Straßen, ungepflegte Frei- und Grünanlagen sowie Personalnot in Behörden und öffentlichen Einrichtungen.
Krankenhäuser
Auch an der Charité – immerhin Europas größte Universitätsklinik – wird mehr gebaut denn je. Der bekannte Bettenturm in Mitte wird komplett saniert, der Standort dort wird für mehr als 200 Millionen Euro umgebaut. Mitte 2016, nach Abschluss der Arbeiten, dürften die maroden Charité-Gebäude in Steglitz zur Sanierung anstehen. Auch dort muss der Senat investieren, das jedenfalls schreiben die Regeln zur Klinikfinanzierung vor. Bei Berlins zweitem wichtigen Gesundheitskonzern Vivantes gibt es ähnlich große Summen zu investieren. Die landeseigene Krankenhauskette betreibt stadtweit neun Kliniken. Vivantes muss dabei auch denkmalgeschützte Gebäude erhalten. Weil aber auch die Krankenkassen sparen, haben die öffentlichen Kliniken für viele Projekte kaum Geld zur Verfügung.
Schulen
Klaus Wowereit hatte schon 2003 durchgesetzt, dass Berlins Lehrer nicht mehr verbeamtet werden. Bis heute ist es aber nicht gelungen, sich stattdessen auf eine tarifliche Eingruppierung für die rasch wachsende Masse angestellter Lehrer zu einigen. Wegen der großen Konkurrenz zu den Ländern, die verbeamten, bleibt das ein Risiko: In Berlin verdienen zwar die Berufseinsteiger viel, haben dann aber keine Aussicht mehr auf Gehaltserhöhungen. Das zweite große Problem betrifft die Schulgebäude: Der Sanierungsstau ist so groß, dass selbst Konjunkturprogramme nicht gereicht haben, um Abhilfe zu schaffen – zumal immer neue Herausforderungen wie der Ausbau des Ganztagsbetriebs hinzukamen. Deshalb wird der Finanzbedarf zur Sanierung der Schulen noch immer auf eine Milliarde Euro geschätzt.
Wachstum und Wohnungsnot
Die Stadt wächst rasant, zuletzt um 40 000 Mitbürger im Jahr. Das hat konkrete Konsequenzen: Weil es kaum noch freie Wohnungen gibt, steigen die Mieten rasant. In besonders begehrten Bezirken wie Pankow oder Friedrichshain-Kreuzberg finden Familien nur mit viel Mühe, Glück oder beidem für ihre Kinder einen Platz in der Kita oder der Wunschschule. Busse und Bahnen sind voll. Es müsste dringend in die Infrastruktur investiert werden. Doch das Geld fehlt.
Zentral- und Landesbibliothek
Es war das große Bauprojekt des scheidenden Regierenden: der Neubau für die ZLB auf dem Tempelhofer Feld. Der Volksentscheid stoppte die Pläne für eine Bebauung des Areals und damit auch für die „Wowereit-Gedenkbibliothek“, wie Gegner das 300-Millionen-Euro-Projekt auch nannten. Doch die Not der ZLB, die an ihrem zentralen Standort am Kreuzberger Blücherplatz unter sehr beengten Bedingungen arbeitet, bleibt groß. Deshalb wird nun nach einem neuen Standort gesucht, der ein alter sein könnte: der Parkplatz neben dem bestehenden Gebäude. Dort war schon einmal ein Ergänzungsbau geplant, den die Zeitläufte verhinderten: Das war kurz vor dem Fall der Mauer und der Wiedervereinigung.
Alterung der Bevölkerung
Vor rund sechs Jahren hatte Klaus Wowereit angekündigt, auf den rapide steigenden Anteil älterer Menschen in Berlin mit einem Demografiekonzept zu reagieren. Altersarmut bekämpfen, den Straßenverkehr umbauen, „Stolperfallen“ im öffentlichen Raum beseitigen und Wohnungen für mehrere Generationen schaffen, um dem Pflegenotstand zu begegnen, das zählt zu den Herausforderungen. Auf die Ankündigungen folgten bisher nur wenige Taten.
Ralf Schönball, Hannes Heine, Susanne Vieth-Entus