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Berlin: Schulden? Ja bitte!

Das gab’s noch nie: Die Opposition rügt den Senat, weil der sparen möchte.

Die Opposition hält nichts davon, dass Berlin in den glücklichen Jahren des wirtschaftlichen Booms seinen Schuldenberg von 62 Milliarden Euro abbaut. „In den nächsten paar Jahren haben wir die einmalige Möglichkeit, in Berlins Zukunft zu investieren“, sagte die Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop am Donnerstag in der Generaldebatte des Parlaments zum neuen Landeshaushalt. Auch der Linken-Fraktionschef Udo Wolf warf der rot-schwarzen Koalition vor, „dumm zu sparen, anstatt klug zu investieren“. Die Piraten surften auf derselben Welle mit. Der Senat müsse die gute Haushaltslage und die niedrigen Zinsen am Kreditmarkt nutzen, um den Investitionsstau an Schulen, Sportanlagen und Universitäten abzubauen, forderte der Chef der Piratenfraktion, Alexander Spies.

Das hat es noch nie gegeben: Die Opposition in Berlin wirft der Landesregierung vor, dass sie mit ihrer Politik ohne neue Schulden auskommt. Seit 2012 kann das Land sogar Schulden tilgen. Bis 2018 voraussichtlich 2,5 Milliarden Euro. Grüne, Linke und Piraten werfen Rot-Schwarz allerdings vor, das Geld zu horten anstatt den Investitionsstau in Berlin aufzulösen. Daran habe die nächste Generation genauso zu knabbern wie an den hohen Schulden des Landes.

Die Generaldebatte zum Haushalt 2014/15, der in der Nacht zum Freitag beschlossen werden soll, konzentrierte sich auf diese Grundsatzfrage. Die Koalitionsfraktionen hielten erwartungsgemäß dagegen. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) auch. Die Opposition habe eine klare Linie, höhnte er: „Verschuldet Berlin auf Teufel komm heraus!“ Das sei eine unverantwortliche Politik, der öffentliche Haushalt sei kein Wunschkonzert und die rot-schwarze Koalition werde auch in Zukunft keine „Klientelpolitik für einzelne Grüppchen und Interessen“ zulasten der nächsten Generation machen. Das längerfristige Ziel des Senats sei es, Berlin auch finanzpolitisch auf eigene Füße zu stellen. „Wir stehen zum Schuldenabbau“. Stattdessen wolle die Opposition die Überschüsse im Haushalt für Lieblingsprojekte ausgeben, die teuer und ineffektiv seien.

Die Haushaltskonsolidierung von Rot-Schwarz sei „ein klares Bekenntnis zur finanziellen Beweglichkeit Berlins auch in zehn oder zwanzig Jahren“, stimmte der SPD-Fraktionsvorsitzende Saleh dem Regierungschef zu. Das sei auch ein Stück Solidarität gegenüber den Ländern, die Berlin im Finanzausgleich unterstützten. Immerhin soll der Länderfinanzausgleich bald reformiert werden. Und es kann nicht schaden, wenn Berlin in den bevorstehenden Verhandlungen finanzpolitisch gesehen eine gute Figur macht und zeigt, das die Hauptstadt mit den Steuergeldern pfleglich umgeht.

Deshalb wies Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) in seiner Haushaltsrede darauf hin, dass die öffentlichen Ausgaben in Berlin seit 2002 nur um 5,3 Prozent gestiegen seien, im Bundesdurchschnitt aber um 20 Prozent. In Hessen sogar um über 32 Prozent. Berlin wolle bei den Verhandlungen für die neue Finanzarchitektur von Bund und Ländern ab 2020 gut abschneiden. „Dort sind wir keine Bittsteller, sondern können auf unsere Erfolge verweisen und erhobenen Hauptes Gleichbehandlung einfordern“, sagte Finanzsenator Nußbaum.

Auch der CDU-Fraktionschef Florian Graf wunderte sich über den Kurs der Opposition. Das Bekenntnis zu einer Verschuldungspolitik sei eine „Pirouette besonderer Art“. Insgesamt, so das Fazit des Christdemokraten, gebe die parlamentarische Opposition in Berlin seit zwei Jahren ein klägliches Bild ab. Eine Einschätzung, die der Amtskollege Saleh voll teilte: „Wir haben die Themen gesetzt, nicht die Opposition“.

Etwa bis Mitternacht wollte das Landesparlament über den neuen Etat mit einem Volumen von rund 23,5 Milliarden Euro debattieren und ihn dann verabschieden. Mit den Stimmen von SPD und CDU – gegen Grüne, Linke und Piraten. Der Regierende Bürgermeister, der ab Mittag wegen der Ministerpräsidentenkonferenz und dem anschließenden Kamingespräch mit der Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) entschuldigt war, präsentierte sich während der Generaldebatte bester Laune. Wowereit scherzte mit seinem Stellvertreter und Nachbarn auf der Senatsbank, Innensenator Frank Henkel (CDU), schüttelte leutselig Hände und rief dem Parlamentspräsidenten Ralf Wieland (SPD) ein fröhliches „Guten Morgen“ zu. Und Finanzsenator Nußbaum zeigte sich spendabel und schenkte der Bildungssenatorin Sandra Scheeres lächelnd ein Bonbon.

Die Opposition, die bei dieser Generaldebatte recht verhalten zum Angriff blies, wurde immerhin vom Vorsitzenden des Hauptausschusses, Fréderic Verrycken (SPD) für die „gute Teamarbeit“ im Kreise der Haushälter gelobt. Ulrich Zawatka-Gerlach

Ulrich Zawatka-Gerlach

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