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Harald Martenstein
© Britta Pedersen/dpa

Harald Martenstein: Klaus und Heinz, der alte Grieche

Freunde fürs Leben wollten die Griechen und die Deutschen sein. Aber das Verhalten der griechischen Regierung wirkt so ganz anders als das, was man gemeinhin unter Freundschaft versteht. Eine Glosse.

Eine Glosse von Harald Martenstein

Klaus und Heinz waren seit vielen Jahren Freunde. Heinz hatte dieses kleine Problem, er gab zu viel Geld aus. Irgendwann hatte er so viele Schulden, dass die Bank ihm keinen Kredit mehr geben wollte. Sein Freund Klaus rief bei der Bank an, erkundigte sich nach der Summe und bezahlte die Schulden.

Am nächsten Tag rief Heinz an. „Ich finde das ganz schön übel, was du da gemacht hast“, sagte er. „Statt mir zu helfen, deinem Freund, hilfst du der Bank, diesem Aasgeier.“ „Aber – du hast doch bei der Bank die Schulden gehabt! Was hätte ich denn stattdessen machen sollen?“ „Na, du hättest das Geld besser an mich überwiesen. Das hätte mir geholfen, gerade jetzt, kurz vorm Urlaub. Übrigens brauche ich noch mal 10.000.“

„Hör mal, Heinz, wir sollten reden. Wenn ich dir noch mehr Geld geben soll, dann müssen wir uns gemeinsam deine Ausgaben anschauen, wir müssen gucken, wo du kürzen kannst. Es hat doch keinen Sinn, so weiterzumachen wie bisher.“

„Jetzt werd mal bitte nicht unverschämt. Bist du ein Freund oder bist du mein Erziehungsberechtigter? Wie ich mein Leben gestalte, ist meine Sache, kapiert? Aber gut, wenn es dich beruhigt, ich werde in Zukunft bei den Ausgaben ein bisschen aufpassen. Versprochen.“

Klaus überwies das Geld. 14 Tage später rief Heinz wieder an. Er brauche noch mal 10.000. Klaus weigerte sich. Heinz war wütend. „Ist dir eigentlich klar, wie schlecht es deinem Freund geht? Nächste Woche stellen sie den Strom ab.“

„Ich gebe dir das Geld, wenn wir zusammen zu einem Schuldenberater gehen und herausfinden, was du machen musst, um da herauszukommen.“ Heinz schrie: „Ich kenne Leute. Aus der Szene. Harte Typen, verstehst du? Wenn ich die bei dir vorbeischicke, hast du nichts mehr zu lachen. Inzwischen brauche ich übrigens 20.000.“ Dann legte er auf.

Klaus hatte ein schlechtes Gewissen. Wie verzweifelt musste Heinz sein? Am nächsten Tag kam eine E-Mail. Sie hatten gemeinsam ein kleines Ferienhaus an der Ostsee, von dem die Bank nichts wusste. Heinz schrieb, er habe soeben das Schloss austauschen lassen. Das Haus sei von ihm beschlagnahmt und werde verkauft, auf die Art werde er die 30.000 Euro eintreiben, die Klaus ihm schulde. Klaus stimmte, zähneknirschend, zu. Einen Monat darauf schickte Heinz eine Rechnung über 150.000 Euro.

Nach ihrer Abifeier, vor 30 Jahren, hatten sie einen Autounfall gehabt, bei dem Heinz verletzt worden war, Klaus saß am Steuer. Dies sei das fällige Schmerzensgeld, plus Zinsen. Klaus rief an. „Hör mal, wir können doch über alles reden. Ich helfe dir. Nur, ich habe im Moment nicht so viel. Wir sind doch Freunde …“ „Wir sind keine Freunde, du Faschist“, sagte Heinz. „Meine Kontonummer kennst du ja.“

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