Gesetzentwurf der Bundesregierung: Kitas sollen Impf-Muffel melden
Der Bundesgesundheitsminister will die Impfmoral in Deutschland verbessern. Dabei sollen Kitas helfen, Eltern, die keine Impfberatung in Anspruch nehmen, bei den Ämtern melden.
Die Bundesregierung will stärker gegen Impf-Muffel vorgehen. Kitas sollen verpflichtet werden, Eltern beim Gesundheitsamt zu melden, wenn sie keinen Nachweis über eine Impfberatung beim Haus- oder Kinderarzt vorlegen. Dies sieht ein Gesetzentwurf von Gesundheitsminister Hermann Gröhe vor, der kommende Woche im Bundestag verabschiedet werden soll. Eine solche Impfberatung ist bereits seit zwei Jahren Pflicht. Die Neuregelung setze die Gesundheitsämter in die Lage, gezielt auf diese Eltern zuzugehen, erklärte Gröhe am Freitag. Bei einer hartnäckigen Verweigerung können die Ämter Bußgelder in Höhe von 2.500 Euro verhängen, was bereits im Infektionsschutzgesetz vorgesehen ist.
"Dass noch immer Menschen an Masern sterben, kann niemanden kalt lassen", sagte Gröhe. Deshalb würden die Regelungen zum Impfschutz verschärft. Laut dem Präventionsgesetz müssen schon jetzt alle Gesundheitsuntersuchungen für Kinder und Erwachsene dazu genutzt werden, den Impfstatuts zu überprüfen. Vor der Aufnahme in eine Kita muss eine ärztliche Impfberatung nachgewiesen werden.
Eine Ministeriumssprecherin erläuterte, mit der Verschärfung würden überzeugte Impfgegner vermutlich nicht erreicht. Vielmehr gehe es darum, Familien anzusprechen, die Impfungen oder U-Untersuchungen vergessen hätten. Eine Impfpflicht, wie sie gerade in Italien eingeführt wurde, hatte Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) zuletzt ausgeschlossen. Die Impfpflicht in Italien gilt für zwölf Krankheiten, darunter Masern. Gröhe geht aber davon aus, dass die Masern in Deutschland auch ohne Impfpflicht verbannt werden können: „Ich glaube, dass unsere Maßnahmen das Ziel erreichen werden“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Seine Sprecherin betonte aber, man werde die Umsetzung der neuen Regelungen genau beobachten und verfolgen, inwieweit diese die Impfbereitschaft verbesserten.
Beratung ist Pflicht - das Impfen selber aber nicht
Der Nachweis einer Impfberatung bei der Kita ist seit Inkrafttreten des Präventionsgesetzes Mitte 2015 Pflicht. Wer sich hartnäckig weigert, dem droht schon jetzt eine Geldbuße in Höhe von 2.500 Euro. Die Kitas konnten bislang aber selbst entscheiden, ob sie Eltern, die keine Impfberatung belegen können, beim Gesundheitsamt melden.
Kürzlich hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass im Sorgerecht getrennter Eltern auch ein Elternteil alleine für eine Behandlung des gemeinsamen Kindes mit den empfohlenen Schutzimpfungen entscheiden kann. Damit setzte ein Vater die Impfung seiner Tochter gegen die Mutter durch, die eine entschiedene Impfgegnerin ist. Am vergangenen Wochenende war es in Deutschland zum ersten Masern-Todesfall des Jahres gekommen. Eine 37 Jahre alte Frau in Essen starb trotz intensivmedizinischer Behandlung. Die Frau war als Kind einmal geimpft worden, was den damaligen Empfehlungen entsprach, wie der Leiter des Gesundheitsamtes, Rainer Kundt, am Dienstag sagte. Dies habe jedoch offenbar nicht ausgereicht.
Die Masernzahlen schwanken von Jahr zu Jahr stark. So gab es in Deutschland im vergangenem Jahr 325 Fälle und 2015 knapp 2500 Fälle. 2004 waren es 123 Fälle und 2001 über 6000. Nach Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) sollen Säuglinge die erste Masernimpfung zwischen 11 und 14 Lebensmonaten erhalten, die zweite zwischen 15 und 23 Monaten. (rtr, dpa)