Pegida in Dresden: Kirchenvertreter nennen Pegida unchristlich
Pegida, Bärgida, Kögida: Wieder werden Tausende selbsternannte Verteidiger des Abendlandes auf die Straße gehen. Führende Kirchenvertreter nennen die Pegida-Demonstranten hingegen unchristlich.
Am heutigen Montag werden wieder Tausende Menschen in Dresden unter Pegida-Bannern gegen die vermeintliche Islamisierung des Abendlandes auf die Straße gehen. Auch in Berlin und Köln sind Demonstrationen geplant. Mehrere Kirchenvertreter haben deutliche Kritik an Pegida und den dort Protestierenden geäußert. „Von der Zielsetzung her ist Pegida unchristlich“, sagte Nikolaus Schneider, ehemaliger Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), der Düsseldorfer „Rheinischen Post“. Man könne nicht das Abendland verteidigen, indem man den Islam zum Feind ausrufe. „Christinnen und Christen haben deshalb auf diesen Demonstrationen nichts zu suchen“.
Schneider warnte davor, auf die Forderungen der islamfeindlichen Demonstranten einzugehen. Man müsse „deutlich sagen, dass das Unsinn ist“, sagte Schneider. Der Theologe sprach sich dafür aus, mit den Demonstranten zu sprechen, äußerte sich aber zugleich skeptisch über die Erfolgsaussichten solcher Gespräche: „Das Problem ist, dass die meisten gar nicht diskutieren wollen - aus guten Gründen, denn sobald Argumente ausgetauscht werden, sind die ja am Ende.“
Pegida-Anhänger wollen keine Argumente hören
Als „pfiffige Aktion“ lobte Schneider den Protest des Kölner Domkapitels gegen die Kögida-Demonstration - den Kölner Ableger der Pegida-Bewegung. Während der Kundgebung soll die Außenbeleuchtung am Dom abgeschaltet werden. Auch die evangelische Antoniter-Kirche und andere Gebäude in Köln wie das Schokoladenmuseum sollen aus Protest gegen Kögida dunkel bleiben.
Schneiders Nachfolger Heinrich Bedford-Strohm hat sich bereits vor zwei Wochen im Tagesspiegel-Interview gegen Pegida ausgesprochen: "Fremdenfeindlichkeit ist nicht zu vereinbaren mit dem christlichen Glauben."
Auch aus der katholischen Kirche gibt es Gegenwind: Kardinal Reinhard Marx, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, sagte dem Domradio: "Hass auf Menschen anderer Religionen und Nationen zu schüren, hat nichts mit dem Christentum zu tun." Er wolle aber keine "oberhirtlichen Anweisungen" geben und Menschen verbieten bei Pegida mitzulaufen. Es solle sich nur jeder bewusst sein, "hinter welchem Transparent er herläuft".
Der katholische Bamberger Erzbischof Ludwig Schick findet klarere Worte. Die Aktivisten verbreiteten Rassenhass und schürten irrationale Ängste unter den Menschen, sagte er. „Christen dürfen bei Pegida nicht mitmachen.“
Vertreter der Katholischen Kirche spricht sich auch gegen Pegida aus
Dem schließt sich der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki an: Der Stimmungsmache gegen Flüchtlinge müssten Fakten entgegengesetzt werden, warb er in seiner Silvesterpredigt. Nicht das „reiche Europa“ habe ein Flüchtlingsproblem, sondern die armen Nachbarn der Krisenregionen, unterstrich der Erzbischof. „Diese Wahrheit verkünden wir zu wenig, zu zaghaft und zu leise.“ Das gelte gerade, wenn Organisationen meinten, „sie müssten das Abendland gegen Menschen verteidigen, die buchstäblich oft nur ihr nacktes Leben nach Deutschland retten konnten“
Der Kölner Dompropst Norbert Feldhoff sagte im Deutschlandradio Kultur, die Religionsfreiheit in Deutschland müsse umfassend sein und auch für den Islam gelten. Wer bei Kögida mitlaufe, unterstütze automatisch extreme Ansichten. Die für Pegida typische Mischung aus Extremisten und Menschen aus dem bürgerlichen Lager bezeichnete der Dompropst als gefährlich. Feldhoff berichtete, er habe wegen der Protestaktion am Dom eine Fülle von E-Mails bekommen. Es seien rassistische Äußerungen darunter, es hätten sich aber auch gutbürgerliche Katholiken gemeldet, die enttäuscht seien und jetzt aus der Kirche austreten wollten.
Christliche Symbole bei Pegida "pervers"
Der frühere Präsident des Lutherischen Weltbundes, Altbischof Christian Krause, bezeichnete die Verwendung von christlichen Symbolen bei Pegida-Demos als „pervers“. „Wenn ich sehe, dass da schwarz-rot-gold angestrichene Kreuze hochgereckt werden, gruselt es mich“, sagte der frühere Bischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Krause betonte, in der Auseinandersetzung mit den Demonstranten müssten der Sinn und das Ziel von Weltoffenheit und Toleranz besser verdeutlicht werden. „Da soll angeblich eine christliche Prägung unserer Kultur mit den Mitteln der Ausgrenzung verteidigt werden.“ Wer so rede, wisse offenbar selbst nicht, was er da verteidige, sagte der Theologe.
10.000 Demonstranten gegen Bärgida erwartet
Die Türkische Gemeinde in Deutschland rief die Berliner zu einem möglichst zahlreichen Protest gegen den Pegida-Ableger Bärgida am Montagabend auf. Eine ähnliche Atmosphäre wie in den 90er Jahren mit zahlreichen rassistischen Angriffen auf Flüchtlinge dürfe sich nicht wiederholen, heißt es in einem am Montag verbreiteten Aufruf. Zu einer Kundgebung gegen Bärgida am Montagabend am Brandenburger Tor werden nach Medienberichten bis zu 10.000 Teilnehmer erwartet. (tsp, epd, dpa)