Einwanderung: Keine Zuwanderung von Unqualifizierten
Der designierte Präsident des Bundesverfassungsgerichts fordert für die Fachkräftezuwanderung spezielle Einwanderungsbehörden auf Landesebene. Ein Gastbeitrag.
Was sind die relevanten Themen für die Politik im nächsten Jahr? Antworten gab die Tagesspiegel-Konferenz „Agenda 2019“ am 19. November. Im Vorfeld skizzieren Parteienvertreter an dieser Stelle ihre Ideen für zentrale Themen:
Deutschland braucht die Zuwanderung von Fachkräften. Die Zukunft unseres Wirtschaftsstandorts hängt wesentlich von der Frage ab, ob es uns gelingen wird, die Fachkräftebasis unserer Betriebe und Unternehmen zu sichern. Einen zentralen Platz auf der migrationspolitischen Agenda wird deshalb im nächsten Jahr das Fachkräftezuwanderungsgesetz einnehmen.
Im Zuge seiner Erarbeitung werden drei Leitplanken für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion maßgeblich sein:
Erstens sollten wir uns bewusst machen, dass wir bereits heute über einen für die Zuwanderung von Fachkräften offenen und als solchen auch von internationalen Experten anerkannten Rechtsrahmen verfügen. Eine erfolgreiche Fachkräftezuwanderung bedarf deshalb nicht allein der Rechtsänderung, sondern muss zwingend mit einer Verbesserung der administrativen Verfahren verbunden sein. Worauf wir hinarbeiten müssen, ist eine Art Einwanderungsbehörde oder zumindest eine spezialisierte Ausländerbehörde pro Bundesland, mit der im In- und Ausland für Wirtschaft und Fachkräfte endlich eine zentrale Anlaufstelle geschaffen wird, die die Kompetenzen bündelt, die heute zwischen einer kaum überschaubaren Zahl von Visastellen, Ausländerbehörden und der Bundesagentur für Arbeit verstreut sind.
Zweitens sind wir der Überzeugung, dass die gesellschaftliche Akzeptanz der Fachkräftezuwanderung nur erhalten bleibt, wenn Zuwanderung nicht zu einem verschärften Druck auf Arbeitsuchende oder Arbeitnehmer führt, die sich aufgrund ihrer fehlenden oder geringen Qualifikation ohnehin auf dem Arbeitsmarkt schwertun. Mit jeder Fachkräftegewinnung muss deshalb eine Strategie zur Aktivierung des inländischen Potenzials und auch der anerkannten Flüchtlinge verbunden sein, die einen uneingeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt haben. Eine Zuwanderung von Gering- oder gar Unqualifizierten kann es nicht geben.
Integration erfordert Mitwirkung
Drittens sollten wir darauf achten, dass die Diskussion um das Fachkräfteeinwanderungsgesetz nicht eine falsche Richtung einschlägt. Anstatt sorgfältig zu klären, welche Anforderungen eine Zuwanderung erfüllen soll, die unseren nationalen Interessen dient, wurde zuletzt oft über ein Bleiberecht für abgelehnte Asylbewerber diskutiert.
Ein solcher Wechsel des Aufenthaltsstatus würde unsere Bemühungen um eine Begrenzung der Zahl der Asylantragsteller konterkarieren. Von ihm geht das Signal aus: Man muss es nur über unsere Grenze schaffen, dann wird sich schon eine Arbeit finden und ein Bleiberecht ergattern lassen. Das aber ist das Gegenteil von dem, was CDU und CSU erreichen wollen.
Um das Fachkräftezuwanderunggesetz zu vervollständigen und dem Steuerungsanspruch gerecht zu werden, der sich mit einer Einwanderungsgesetzgebung verbindet, werden wir uns 2019 auch weiterer asylpolitischen Themen annehmen.
Dabei ist klar: Deutschland wird seine humanitären und rechtlichen Verpflichtungen achten. Doch wir wissen zugleich, dass unsere Möglichkeiten begrenzt sind. Wir wollen deshalb auch 2019 alles dafür tun, dass die Zahl der Schutzbedürftigen weiter zurückgeht; dass abgelehnte Asylbewerber unser Land verlassen und dass die Zuwanderung auf ein Maß begrenzt bleibt, das die gesellschaftliche Akzeptanz nicht übersteigt.
Dazu gehört etwa, dass wir nach Beendigung der Pilotphase die weitere Etablierung der Anker-Zentren vorantreiben. Insbesondere im Falle von abgelehnten Bewerbern sind diese Zentren von großer Bedeutung, da sie die Rückführung deutlich erleichtern. Darüber hinaus werden wir mit einem umfassenden Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht einen zusätzlichen Maßnahmenkatalog etablieren, um die Zahl der Rückführungen zu steigern. Bei den Rückführungen geht es nach Auffassung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion um ein ganz eindeutiges Signal zur Steuerung von Migration: Wer nicht schutzbedürftig ist und gleichwohl einen Asylantrag stellt, hat keine Bleibeperspektive und sollte sich nicht auf den Weg in unser Land machen.
Bei denen aber, die eine Bleibeperspektive haben, stehen wir vor der großen Aufgabe der Integration. Sie bezieht sich auch auf unsere Werteordnung, die den Zusammenhalt der Gesellschaft ausmacht. Integration erfordert Mitwirkung, die wir künftig noch entschlossener einfordern wollen. 2019 werden wir uns deshalb auch noch einmal des Themas „Integrationskurse“ annehmen, ihre Qualität steigern und die Teilnahme verbindlicher ausgestalten.
Stephan Harbarth (CDU) ist Unionsfraktionsvize und soll Präsident des Bundesverfassungsgerichts werden.
Stephan Harbarth
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