Integrationsbeauftragte Aydan Özoguz: Keine Lust aufs Polarisieren
Vielen ist die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung Aydan Özoguz zu sanft, zu wenig kämpferisch. Am Mittwoch legt sie ihren ersten „Ausländerbericht“ vor.
Lieber heute als morgen würde Aydan Özoguz den Namen des Dokumentes ändern, das sie als Integrationsbeauftragte der Bundesregierung am Mittwoch offiziell vorstellen wird. Denn der „Bericht über die Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland“ beschäftigt sich nicht nur mit Bürgern ohne deutschen Pass, sondern beschreibt auch die Situation von Deutschen mit Migrationshintergrund. Begriffe hinterfragt die 47-jährige Sozialdemokratin ohnehin gerne. Doch ihr erster „Ausländerbericht“ wird noch unter altem Namen firmieren – für die Änderung muss ein Gesetz reformiert werden, und das dauert.
Die Staatsministerin im Kanzleramt hat selbst einen Migrationshintergrund, kam aber in Deutschland zur Welt. Ihr Vater war 1961 nicht als Gastarbeiter, sondern als Unternehmer nach Hamburg gekommen. Die Tochter ließ sich 1989 einbürgern. Bürgermeister Olaf Scholz holte die Stiftungsmitarbeiterin, die mit dem Innensenator der Stadt verheiratet ist, in die Politik. 2011 wurde sie zur stellvertretenden SPD-Chefin gewählt – die erste türkischstämmige Frau in der Parteiführung. Im vergangenen Jahr übernahm sie in der großen Koalition dann das Amt der Integrationsbeauftragten.
Özoguz liefert selten knallige Schlagzeilen, auch wenn sie wie momentan hinter den Kulissen mit Innenminister Thomas de Maizière (CDU) hart um die Neufassung des Ausländerrechts ringt. Deswegen monieren wichtige Stimmen in der eigenen Partei, die sanfte Hamburgerin zeige gegenüber der Union keine klare Kante und entwickle in ihrer Rolle als Parteivize wenig Bindungswirkung.
Unter den organisierten deutschen Migranten herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass auf die fachfremde und – so meinen etliche – nach Jahren noch fremdelnde Migrationsbeauftragte Maria Böhmer (CDU) nun eine Frau mit Sachkunde gefolgt sei. Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime, schätzt gerade ihre Gelassenheit. Er kenne sie „als jemanden, der engagiert arbeitet und dabei nicht gleich das Rampenlicht sucht“. Nach Brandanschlägen auf Moscheen und Synagogen zum Beispiel habe Özoguz gleich das Gespräch mit den Betroffenen gesucht. „Dieses wichtige Zeichen der Solidarität hätte sie durchaus auch mehr öffentlich machen können“, meint Mazyek.
In Teilen der säkularen türkischen Community nimmt man ihr mangelndes Engagement in einer Kernfrage übel: „Opportunistisch“ habe sie sich nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum Sprachtest im Sommer verhalten. Es hatte festgestellt, dass eine Sprachprüfung für nachziehende türkische Staatsbürger nicht zulässig sei. Das, so heißt es, habe sie erst begeistert begrüßt und die Abschaffung des Sprachtests sogar für andere Ausländer gefordert. Seitdem sei ein Einsatz von ihr dafür nicht mehr erkennbar.
Mehr Initiative wünscht sich auch Mehmet Tanriverdi, Präsident der „Bundesarbeitsgemeinschaft der Immigrantenverbände“: „Sie muss als Ministerin anwesend sein und sich zu dem äußern, was die Menschen bewegt.“ Tanriverdi würde Özoguz gern öfter in Talkshows sehen – die aber laden gern Politiker ein, die stark polarisieren.
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