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Frommer Christ. Jack Phillips in seinem "Masterpiece Cakeshop" in Lakewood, Colorado.
© Rick Wilking/Reuters

Urteil des US-Verfassungsgerichts: Keine Hochzeitstorte für ein schwules Paar

Jack Phillips ist frommer Christ und Bäcker. Er weigerte sich, für eine Homo-Ehe einen Kuchen zu backen. Der Fall wurde groß und größer. Nun wurde das höchste Urteil gefällt.

Amerikaner sind überzeugt davon, dass man sagen darf, was man will, und glauben darf, was man will. Meinungs- und Religionsfreiheit werden höher gehalten und leidenschaftlicher verteidigt als in jedem anderen Land. Liberale Bürgerrechtsorganisationen ziehen vor Gericht, um für das Rederecht des Ku-Klux-Klan zu kämpfen. Konservative streiten für Glaubensgemeinschaften, zu deren Riten es gehört, einen halluzinogenen Tee trinken zu dürfen, dessen Wirkstoff unter das Betäubungsmittelgesetz fällt. Der extreme, manchmal schwer zu ertragende Freiheitsbegriff gehört zum Gründungserbe der Vereinigten Staaten. Das Land wurde von Menschen aufgebaut, die in Europa wegen ihres Glaubens verfolgt worden waren. Kopftuch-, Minarettbau- oder Beschneidungsdebatten gibt es dort nicht.

Jetzt hat das Oberste Gericht, der „supreme court“, ein Urteil gefällt, in dem zwei Diskriminierungen gegeneinander abgewogen werden mussten. Auf der einen Seite stand Jack Phillips, ein frommer Christ aus Lakewood, Colorado. Er ist Kuchenbackkünstler und Inhaber der Konditorei „Masterpiece Cakeshop“. Auf der anderen Seite standen zwei Schwule, Charlie Craig und David Mullins, die im Jahr 2012 zu Phillips kamen und ihn baten, für ihre Trauung eine Hochzeitstorte zu backen. Das lehnte Phillips ab. Aufgrund seiner religiösen Überzeugung sei für ihn nur eine Ehe zwischen Mann und Frau möglich. Er backe auch keine Kuchen für Halloween oder Junggesellenabschiede. „Das ist eine Frage des Gewissens“, sagt er, „die Kunden können alles andere bei mir kaufen, und ich backe ihnen gerne Kuchen für andere Anlässe.“

Das gleichgeschlechtliche Paar zog vor Gericht, der Fall ging durch die Instanzen, Phillips erhielt Morddrohungen, eine staatliche Behörde verpflichtete ihn, eine Torte für die Homo-Ehe zu backen. Als er sich weigerte, wurde ihm verboten, überhaupt noch Hochzeitstorten zu backen. Daraufhin büßte er vierzig Prozent seines Umsatzes ein.

Die Grundrechte des Konditors wurden verletzt

Nun entschied das Oberste Gericht mit 7 zu 2 Stimmen, dass jene staatliche Behörde (Colorado Civil Rights Commission), die Phillips wegen der Diskriminierung eines gleichgeschlechtlichen Paares verurteilt hatte, ihrerseits den Bäckermeister wegen seines Glaubens diskriminierte. Die Feindseligkeit der Behörde gegenüber der Religion sei mit der Verfassung nicht vereinbar. Die Grundrechte des Konditors seien verletzt worden.

„Das bestätigt, dass fromme Menschen wegen ihres tief verwurzelten Glaubens nicht diskriminiert werden dürfen“, hieß es in einer Erklärung der Amerikanischen Bischofskonferenz. „Das gilt auch für kreativ Berufstätige wie Jack Phillips, die dem Herrn in allen Aspekten ihres täglichen Lebens dienen wollen.“

In der „New York Times“ wiederum nimmt Jennifer Finney Boylan – Autorin, Englisch-Professorin und Trans-Frau, ehemals James Boylan – das Urteil zum Anlass, eine Verfassungsänderung zu fordern. Ein „Dignity Amendment“ solle es dem Bund und allen Bundesstaaten verbieten, Menschen aufgrund ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Orientierung oder Identität ungleich zu behandeln.

Der „Masterpiece Cake Case“ endete mit einem Einzelfall-Urteil. Das Spannungsverhältnis zwischen Religionsfreiheit und Rechtsgleichheit für Homosexuelle bleibt. Die gute Nachricht: Mit Donald Trump, dem Aufstieg von Rechtspopulisten und der Macht von Evangelikalen hat es nichts zu tun.

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