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Keine Absicht. Südafrikas Präsident Jacob Zuma hat sich für die „Frustration“ und die „Verwirrung“ entschuldigt, die seine Nkandla-Saga ausgelöst hat.
© Siphiwe Sibeko/REUTERS

Südafrika: Keine Chance gegen die Anti-Korruptionskämpferin

Der bedrängte Präsident Südafrikas, Jacob Zuma, will nicht zurücktreten. Das Urteil des Verfassungsgerichts gegen ihn wegen seines Landsitzes Nkandla setzt ihn aber gehörig unter Druck. Seine Widersacherin Thuli Madonsela hat auf ganzer Linie gewonnen.

Südafrikas Finanzminister Pravin Gordhan bemüht sich, das ganze Drama positiv zu sehen. Die Entscheidung des Verfassungsgerichts zum umstrittenen Landsitz des Präsidenten Jacob Zuma in Kwa Zulu Natal, zeige doch, „dass die Institutionen funktionieren“, sagte er am Samstag. Am Donnerstag hatte der Vorsitzende Richter des Verfassungsgerichts, Mogoeng Mogoeng, die Entscheidung begründet, warum Zuma einen Teil der Kosten für den Ausbau seines Landsitzes Nkandla an die Staatskasse zurückzahlen muss, und warum der Untersuchungsbericht der Antikorruptions-Beauftragten (Public Protector), Thuli Madonsela, aus dem Jahr 2014 rechtlich bindend ist. Mogoeng sagte: „Der Präsident hat die Verfassung gebrochen und dabei versagt, sie zu verteidigen und anzuerkennen.“

Zuma beteuerte am Freitag in einer Fernsehansprache: „Ich möchte betonen, dass ich niemals wissentlich oder absichtlich die Verfassung verletzt habe.“ Er entschuldigte sich für die „Frustration und Verwirrung“, die aus der nunmehr sechs Jahre anhaltenden Nkandla- Krise entstanden seien. Die Mächtigen in der Regierungspartei ANC stellten sich danach demonstrativ an die Seite des 73-jährigen Präsidenten. Die Oppositionsparteien kündigten an, im Parlament seine Abwahl anzustreben. Dafür wäre eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig, die sie gegen die ANC-Mehrheit wohl kaum werden aufbieten können. Die meisten südafrikanischen Medien reagierten enttäuscht auf Zumas Auftritt. Die meisten forderten seinen Rücktritt. Der junge Blogger Chris Fleming schrieb am Samstag, Zuma sei ein „Entfesselungskünstler“. Dem schloss sich Judith February vom südafrikanischen Thinktank Institute for Security Studies (ISS) an. Sie schrieb in einer Analyse des Urteils: „Zuma mag zunächst überleben. Aber nach diesem Urteil gibt es wirklich keinen Ort mehr, um sich zu verstecken.“

Zuma reiht Skandal an Skandal

Der Fall Nkandla reiht sich in eine fast endlose Reihe von Zuma-Skandalen ein. Schon bevor er im Mai 2009 sein Amt als Präsident antreten konnte, musste sich Zuma wegen Vergewaltigung vor Gericht verantworten. Er wurde zwar freigesprochen. Doch der Prozess ist unvergessen. Er hatte mit einer HIV-positiven Frau sexuellen Kontakt und kein Kondom verwendet. Er habe danach geduscht, um sich vor Aids zu schützen, sagte Zuma vor Gericht. Der Karikaturist Zapiro zeichnet ihn seither konsequent mit einem Duschkopf, der aus Zumas Kopf wächst.

Dass er mit vier Frauen gleichzeitig verheiratet und von einer Frau geschieden ist – seine dritte Frau beging im Jahr 2000 Selbstmord – kommt im städtischen Südafrika auch nicht besonders gut an. Schon vor Zumas Amtsantritt eilte ihm der Ruf, in korrupte Waffengeschäfte verwickelt gewesen zu sein, voraus. Kurz vor der Wahl ließ die Staatsanwaltschaft diese Ermittlungen 2009 fallen. Allerdings haben die Oppositionsparteien das vor das Verfassungsgericht gebracht, das im Laufe des Jahres entscheiden will, ob die Einstellung der Korruptionsverfahren rechtens war.

Der Präsident ließ seinen Landsitz auf Kosten der Steuerzahler vergrößern

Schon seit Dezember 2009 verfolgt Zuma die Nkandla-Affäre. Sie begann harmlos. Die Zeitung „Mail & Guardian“ schickte zwei Reporter nach Kwa Zulu Natal, um herauszufinden, wie die Nachbarn auf dem Land Zuma einschätzten. Der 2013 verstorbenen Reporterin Mandy Rossouw, fielen dabei Bauarbeiten auf. Sie sah bei ihrem Besuch Baupläne, die auf eine beachtliche Vergrößerung des Landsitzes hindeuteten. Schon damals war der Bau einer Gesundheitsstation, eines Gästehauses, eines Hubschrauberlandeplatzes und einer Polizeistation geplant. Später kamen ein Schwimmbecken, Besucherzentrum, Hühner- und Rinderhof dazu. Der Pool war von der Regierung als Reservoir für die Feuerwehr im Fall eines Brandes deklariert worden.

Public Protector. Seit 2009 kämpft Thuli Madonsela gegen Korruption. Ihr Amt ist bisher einmalig auf der Welt. Im kommenden Jahr endet ihre Amtszeit.
Public Protector. Seit 2009 kämpft Thuli Madonsela gegen Korruption. Ihr Amt ist bisher einmalig auf der Welt. Im kommenden Jahr endet ihre Amtszeit.
© Stefan Heunis/AFP

2012 nahm Thuli Madonsela die Ermittlungen auf. 2014 legte sie trotz aller Anfeindungen des ANC und regelmäßiger Todesdrohungen gegen sie und ihre Mitarbeiter einen 447 Seiten starken Untersuchungsbericht vor. Sie kam zu dem Schluss, dass Zuma 246 Millionen Rand (derzeit noch knapp 15 Millionen Euro) an Steuermitteln auf dem Anwesen verbaut hatte, die nichts mit einer Verbesserung der Sicherheit des Präsidenten zu tun hatten. Diese Summe wird Zuma nun zurückzahlen müssen.

Der Wert des Rand ist dramatisch gefallen, weil die Wirtschaftsaussichten Südafrikas inzwischen als schlecht eingeschätzt werden. Außerdem hat Zuma selbst im Dezember einen Kurssturz ausgelöst, als er den angesehenen Finanzminister Nhalanhla Nene feuerte und durch einen komplett unbekannten Hinterbänkler ersetzte. Die ANC-Granden zwangen Zuma nach wenigen Tagen, den erfahrenen Pravin Gordhan wieder zu berufen, der das Amt schon einmal inne hatte. Und dass der Finanzstaatssekretär Mcebisi Jonas vor wenigen Tagen andeutete, dass er sein Amt der mächtigen mit Zuma eng verbundenen Familie Gupta zu verdanken haben könnte, hat den Fanclub Zumas auch nicht gerade vergrößert.

Thuli Madonsela sagte am Freitag: „Viele von uns werden dieses Urteil den Rest unseres Lebens zu schätzen wissen.“ Verfassungsrichter Mogoeng bezeichnete ihr in modernen Demokratien bisher einmaliges Amt als ein „Geschenk der Verfassung“, und sie selbst als David, die gegen Goliath in der Regierung gekämpft habe.

Die Nachfolgerin von Zuma könnte wieder Zuma heißen

Am Freitag ließ Zumas Ex-Frau, die derzeitige Kommissionschefin der Afrikanischen Union, Nkosazana Dlamini Zuma, mitteilen, dass sie keine zweite Amtszeit in Addis Abeba anstrebe. Die 67-Jährige gilt als Zumas Favoritin für seine Nachfolge an der Spitze des ANC, die 2017 neu gewählt wird, und des Staates, wenn 2019 die nächste Präsidentenwahl ansteht. Ihr schärfster innerparteilicher Konkurrent ist Cyril Ramaphosa, derzeit Vize-Präsident Südafrikas. Er gilt als sehr wirtschaftsnah und ist deshalb im ANC ziemlich umstritten. Seit sich der ehemalige ANC-Jugendanführer Julius Malema mit seiner neuen linken Partei, den Economic Freedom Fighters, selbstständig gemacht hat, gibt es in der Partei große Ängste, dass links von ihr noch weitere Parteien entstehen könnten. Für die ehemalige Befreiungsbewegung ist das eine Identitätsfrage.

Dagmar Dehmer

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