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Demonstranten während einer Protestkundgebung in Paris.
© AFP

Weihnachts-Reisechaos durch Proteste: Kein Durchbruch im Streit um Rentenreform in Frankreich

Wer auf einen Frieden kurz vor den Feiertagen gehofft hat, dürfte enttäuscht sein. Im Konflikt um die Rentenreform in Frankreich ist keine Lösung in Sicht.

Frankreich muss sich auf weitere Bahnstreiks an Weihnachten einstellen - allerdings könnte sich die Lage ein wenig entspannen. Bei einem Treffen zwischen Gewerkschaftern und dem Premier gab es am Donnerstagabend keinen Durchbruch im Streit um die Rentenreform. Die Gespräche sollen nun Anfang des kommenden Jahres fortgesetzt werden - einige Gewerkschaften forderten eine Waffenruhe bis dahin. Bei den Eisenbahnern bröckelte es ein bisschen an der Streikfront. Allerdings rief die Hardliner-Gewerkschaft CGT ihre Anhänger dazu auf, die Aufstände fortzusetzen.

Die Proteste gegen die Rentenreform, ein Prestigeprojekt von Präsident Emmanuel Macron, dauern nun bereits seit gut zwei Wochen an. Der Bahnverkehr im gesamten Land ist seitdem massiv gestört, der Nahverkehr in Paris ebenfalls. Die Menschen kommen nicht oder nur unter schwierigen Bedingungen zur Arbeit. Hunderttausende gingen bisher gegen die Pläne auf die Straße.

Er sei sich des Stresses und der Müdigkeit vieler bewusst, sagte Premier Édouard Philippe nach dem Treffen. „Ich teile die Besorgnis der Einzelhändler, da Weihnachten vor der Tür steht“, sagte er. Gleichzeitig verteidigte er die Reformpläne.

Einigkeit herrschte unter den Gewerkschaften, dass im Rentenstreit keine Lösung gefunden wurde. Während CGT-Chef Philippe Martinez im Namen mehrerer Gewerkschaften zu neuen branchenübergreifenden Streiks und einem Massenprotest für den 9. Januar aufrief, forderte der Generalsekretär des eher gemäßigten Gewerkschaftsbunds CFDT, Laurent Berger, eine Waffenruhe.

Zug-Passagiere besonders betroffen

Der Gewerkschaftsverband Unsa rief seine Anhänger zu einer Unterbrechung der Streiks bei der Staatsbahn SNCF auf. Unsa ist allerdings nur eine von mehreren Gewerkschaften, welche die Lokführer und andere SNCF-Mitarbeiter vertritt. Die Eisenbahner der wichtigsten Gewerkschaft bei der Bahn kündigten hingegen weitere Ausstände über die Feiertage an.

Wie sich die Lage in den kommenden Tage entwickeln wird, bleibt also abzuwarten. Dass es mit den Störungen aber vorbei sein könnte, ist nicht zu erwarten. „Die Fortschritte, die wir gerade gemacht haben, sollten es den öffentlichen Verkehrsbetrieben ermöglichen, wieder an die Arbeit zu gehen“, sagte hingegen Premier Philippe.

Die Zugausfälle und Verspätungen betreffen auch Fahrten von und nach Deutschland. So soll am Freitag in Frankreich im Schnitt etwa jeder zweite TGV-Schnellzug fahren, das gelte auch für grenzüberschreitende Züge zwischen Deutschland und Frankreich. Reisende sollen sich auf der SNCF-Webseite darüber informieren können, welche Züge genau fahren. Vor allem am vierten Adventswochenende fürchten viele Chaos, weil sich dann besonders viele Menschen auf den Weg zu ihren Familien machen wollen.

Bis zum 24. Dezember hat die SNCF außerdem ihren Service für unbegleitete Kinder zwischen 4 und 14 Jahren ausgesetzt. Medienberichten zufolge betrifft das Tausende Kinder, die normalerweise auf der Fahrt von einem SNCF-Mitarbeiter betreut worden wären.

Regierung bleibt bei Kernforderungen

Mit der Rentenreform will die Mitte-Regierung die Zersplitterung in 42 verschiedene Rentenkassen beenden und ein universelles Punktesystem schaffen. Diese bringen zum Teil zahlreiche Sonderrechte mit sich. Außerdem sollen die Franzosen dazu angehalten werden, länger zu arbeiten. Die Regierung hatte mit langen Übergangsfristen zwar Zugeständnisse an die Gewerkschaften gemacht – diese waren allerdings nicht zufrieden. Umfragen zufolge ist eine Mehrheit der Franzosen gegen die Reform.

Besonderer Streitpunkt ist das sogenannte Gleichgewichtsalter. Die Reformpläne sehen vor, das Renteneintrittsalter von 62 Jahren beizubehalten. Allerdings drohen Abschläge bei den Bezügen, wenn Arbeitnehmer vor 64 Jahren in Renten gehen. Während die Hardliner weiterhin die gesamte Reform ablehnen, stören sich die Gemäßigten eher an diesem Punkt.

Der Premier sprach bei diesem Thema von einem „Handlungsspielraum“, dieser sei allerdings nicht riesig. Die Gewerkschaften müssten nun einen Vorschlag auf den Tisch legen. „Es scheint mir, dass wir mit den Organisationen, die die Einführung des universellen Systems unterstützen, eine Vereinbarung treffen können“, sagte Philippe. Er deutete auch bei weiteren Detailfragen Zugeständnisse an, verteidigte aber die Abschaffung der Spezialkassen und die Kernpunkte der Reform. (dpa)

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