Solo-Selbständige in der Coronakrise: Kaum Reserven, schlecht versichert, jetzt hilfsbedürftig
Viele Solo-Selbständige zahlen nicht in die Sozialsysteme ein. Nach Corona wird über eine neue Balance zwischen Freiheit und Sicherheit zu reden sein. Eine Kolumne
Sie sind die großen Verlierer. Fast drei Millionen Menschen in Deutschland arbeiten als Solo-Selbstständige. Viele von ihnen haben seit März nichts zu tun. Sie haben kein Einkommen mehr. Die meisten von ihnen haben sich nicht gegen Einkommensausfälle abgesichert.
Für sie rächt sich jetzt, dass es bis heute keine Regelung gibt, wie Selbstständige vorsorgen sollen. Nun müssen viele mit Hartz IV, Betriebs- und Mietkostenzuschüssen auskommen. Von der Stärke des Sozialstaats in der Krise profitieren sie kaum. Kein Wunder, dass sie das entwürdigend finden.
Für Corona können sie nichts. Die Pandemie ist ein Risiko, das alle Bürger trifft. Dagegen gibt es nur eine Versicherung: Das ist die Allgemeinheit, es ist der Staat.
Es ist deshalb richtig, wenn nun auch diejenigen Hilfe bekommen, die sich an der Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme bisher kaum beteiligen. Richtig ist auch, dass Kreditmilliarden zur Krisenbekämpfung allen zugute kommen sollen.
Doch die Pandemie wirft ein Schlaglicht auf die soziale Lage der selbstständigen Erwerbstätigen, die keine Angestellten haben. Rund ein Drittel von ihnen verdient sehr schlecht – Friseure wie Akademiker, Handelsvertreter wie Journalisten. Rund die Hälfte zahlt nicht in die Rentenversicherung ein, die überwiegende Mehrheit hat sich nicht gegen Arbeitslosigkeit abgesichert.
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Zwar gibt es auch die Anderen. Ein Drittel verdient üppig, 50 Prozent haben ein Vermögen von über 50.000 Euro. Doch die anderen haben kaum Reserven gebildet. Sie leiden jetzt besonders.
Keine Altersvorsorge ist eine Wette auf den Staat
Diese Zahlen sind seit Jahren bekannt. Statt aber gemeinsam einen Weg zu suchen, wie Unternehmer die eklatante Versorgungslücke eigenverantwortlich schließen können, haben sich die Selbstständigen dieser Diskussion in der Vergangenheit verweigert.
In guten Zeiten feierten sie ihren Status, die vermeintliche staatliche Bevormundung wurde energisch bekämpft. Damit wurde auch ein Verhalten rechtfertigt, das am Ende alles andere als unternehmerisch, sondern nur eine Wette auf den Staat ist. Der nämlich soll auch jenseits der Pandemie diejenigen auffangen, deren Selbstständigkeit so prekär verläuft, dass für Krankheit, Krisen oder das Ende des Berufslebens nichts übrig bleibt.
Drei Millionen potenziell Betroffener sind zu viel, um dieses Problem weiter zu ignorieren. Nach der Krise wird man endlich ernsthaft über eine neue Balance von Freiheit, Sicherheit und Eigenverantwortung der Solo-Selbstständigen reden müssen.
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