Union nach der Bundestagswahl: Kauder lehnt Rechtsschwenk von CDU und CSU ab
Unionsfraktionschef Volker Kauder will Wahlen mit einem "Kurs der Mitte" gewinnen. CSU-Chef Seehofer erwartet trotz Zuversicht schwierige Gespräche mit der Schwesterpartei.
Unionsfraktionschef Volker Kauder hat Forderungen nach einem Rechtsruck der CDU/CSU eine Absage erteilt. „Wahlen werden auch in Zukunft mit einem vernünftigen Kurs der Mitte gewonnen“, sagte der CDU-Politiker der „Passauer Neuen Presse“. Die Union müsse die Sorgen der Bürger aufnehmen und versuchen, ihre Probleme zu lösen. „Es geht nicht um mehr links oder rechts. Solche theoretischen Debatten helfen gar nichts und interessieren auch nicht die Bürger.“
Die Union war bei der Bundestagswahl stärkste Kraft geworden, hatte aber nur 32,9 Prozent erreicht. CSU-Chef Horst Seehofer hatte daraufhin gefordert, die Union müsse ihre „rechte Flanke“ schließen. Auch mehrere ostdeutsche CDU-Ministerpräsidenten verlangen ein konservativeres Profil, um der AfD Paroli bieten zu können.
Die Spitzen von CDU und CSU wollen am Sonntag über eine gemeinsame Linie für die anstehenden Sondierungen mit FDP und Grünen beraten. Kauder mahnte, die Bundestagswahl habe die Bürger schon ein wenig verunsichert. „Wir sollten uns deshalb alle zusammenreißen und in vernünftiger Zeit eine Koalition bilden“, sagte er. Im Streit über eine Obergrenze für Flüchtlinge erwarte er eine Einigung. „Der Konflikt ist bekannt. CDU und CSU haben hier unterschiedliche Positionen. Jetzt muss der Streit endgültig gelöst werden.“
Kauder zeigte sich überzeugt, dass die Schwesterparteien zu einer gemeinsamen Position kommen, auch angesichts der 2016 gesunkenen Zahl von Asylbewerbern. Von Januar bis August seien rund 123 000 neue Asylsuchende registriert worden. „Es ist also eingetreten, was auch die Bundeskanzlerin immer versprochen hat: Die Zahl der Flüchtlinge hat sich verringert.“
Seehofer glaubt an vernünftige Gespräche zu Jamaika
CSU-Chef Horst Seehofer geht mit „Zuversicht“ in die Gespräche mit der CDU über die anstehenden Sondierungen mit FDP und Grünen. Trotzdem werde es am Sonntag schwierig werden, sagte der bayerische Ministerpräsident am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur in Ingolstadt. „Wir haben eine breite Palette von Themen zu behandeln, vor allem soziale Themen, die Rente, die Pflege, die Mieten. Die Entwicklung der Mieten - das ist die zentrale Frage in den nächsten Jahren“, betonte der CSU-Chef.
Als weitere Schwerpunkte der Gespräche mit der Schwesterpartei nannte Seehofer „europäische Fragen, die jetzt zur Entscheidung anstehen, und nicht zuletzt ein Regelwerk für die Zuwanderung und die Integration“. Er sei zuversichtlich, dass die CSU in den Fragen mit der CDU eine Einigung finden werde.
Zu Erfolgsaussichten der anstehenden Sondierungsgespräche mit FDP und Grünen befragt, sagte Seehofer: Wenn die unionsinternen Gespräche gut vorankämen, „werden wir ganz vernünftige Gespräche zunächst mit der FDP und dann mit den Grünen führen“. (dpa)
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