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Quim Torra (Mitte), Regionalpräsident von Katalonien, spricht vor Journalisten.
© David Zorrakino/Europa Press/dpa

Nach Urteilen gegen Separatisten-Führer: Kataloniens Regierungschef Torra verurteilt erstmals Krawalle

Bereits am dritten Tag in Folge gab es in Barcelona und anderen Teilen Kataloniens schwere Ausschreitungen. Regierungschef Torra fordert nun friedliche Demos.

Nach neuen Ausschreitungen von Separatisten in Katalonien hat der Chef der Regionalregierung erstmals die jüngsten Gewaltausbrüche öffentlich kritisiert. „Das muss sofort aufhören. Es gibt weder einen Grund oder eine Rechtfertigung dafür, Autos in Brand zu stecken, noch für andere vandalische Aktionen“, sagte Regionalpräsident Quim Torra in der Nacht zum Donnerstag in einer vom Fernsehen übertragenen Erklärung. Die Unabhängigkeitsbewegung habe Gewalt stets verurteilt und tue das auch jetzt. „Die Zwischenfälle, die wir auf unseren Straßen erleben, kann man nicht zulassen.“

In Kataloniens Hauptstadt Barcelona und anderswo in der nordostspanischen Region war es am Mittwoch wieder zu schweren Ausschreitungen katalanischer Unabhängigkeitsbefürworter gekommen. Die Proteste waren ausgebrochen, nachdem Spaniens Oberstes Gericht am Montag in Madrid neun Separatistenführer zu langjährigen Haftstrafen verurteilt hatte.

Das Gericht stellte zudem erneut einen internationalen Haftbefehl gegen den früheren katalanischen Regionalpräsidenten Carles Puigdemont aus. Puigdemont wird wegen "Aufruhrs" und der Veruntreuung öffentlicher Gelder gesucht. Er hatte nach dem Referendum die Unabhängigkeit Kataloniens von Spanien erklärt. Durch seine Flucht nach Brüssel entzog er sich aber der Strafverfolgung in Spanien.

Mindestens 20 Demonstranten seien am Mittwoch festgenommen worden, teilte die katalanische Regionalpolizei auf Twitter mit. Nach Angaben der Notdienste wurden 52 Menschen medizinisch versorgt. In Tarragona sei ein Demonstrant von einem Polizeiauto angefahren worden und habe ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten.

Demonstranten hätten Autos angezündet, brennende Barrikaden errichtet und Beamte mit Brandsätzen angegriffen, teilte die Polizei weiter mit. Es war bereits der dritte Tag mit massiven Demonstrationen von Befürwortern einer Abspaltung Kataloniens von Spanien.

Es müsse friedlich gegen das „ungerechte Urteil“ aus Madrid demonstriert werden, sagte Regionalpräsident Torra. Er vermied es nach Medienberichten aber, radikale Aktivisten der sogenannten „Komitees zur Verteidigung der Republik“ (CDR) für die Ausschreitungen zu kritisieren und machte für die Gewalt stattdessen eingeschleuste „Provokateure“ verantwortlich.

In Spanien wird am 10. November ein neues Parlament gewählt. Die Regierung von Ministerpräsident Pedro Sánchez hofft, das Ende des Gerichtsprozesses könne dem Dialog mit den Unabhängigkeitsbefürwortern neuen Antrieb geben. In einer Fernsehansprache rief Sánchez am Montag dazu auf, "ein neues Kapitel" aufzuschlagen, betonte aber auch, dass niemand über dem Gesetz stehe.

Die Partei von Junqueras, die Republikanischen Linken Kataloniens (ERC), betonte jedoch, ohne eine "Amnestie" für die "politischen Gefangenen und Exilanten" sei ein Dialog unmöglich. Der FC Barcelona kritisierte die Haftstrafen für die neun Angeklagten. "Gefängnis ist nicht die Lösung", schrieb der Fußballverein im Onlinedienst Twitter. (dpa, AFP)

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