Nach Urteilen gegen Katalanen-Führer: 75 Verletzte bei Protesten am Flughafen von Barcelona
Die Urteile gegen die Unabhängigkeitsführer haben in Katalonien Krawalle ausgelöst. Auch am Dienstag ist der Flugverkehr noch beeinträchtigt.
Bei den Protesten am Flughafen von Barcelona nach der Verurteilung von Katalanen-Anführern sind 75 Menschen verletzt worden. Das gaben die Rettungsdienste des Flughafens am Montagabend bekannt, ohne Angaben zur Schwere der Verletzungen zu machen. Hunderte Demonstranten hatten sich am Flughafen heftige Auseinandersetzungen mit der Polizei geliefert. Sie bewarfen die Sicherheitskräfte mit Steinen und Mülleimern, die Polizei setzte Schlagstöcke ein.
Nach Angaben des Flughafenbetreibers Aena wurden am Montag 110 Flüge gestrichen. Auch am Dienstag gab es Beeinträchtigungen im Flugverkehr, mindestens 45 wurden Flüge gecancelt. Dutzende weitere Flugzeuge konnten nur mit Verspätung starten. Viele Passagiere verbrachten die Nacht am Flughafen El Prat.
Aufgebrachte Unabhängigkeitsbefürworter hatten nach den Urteilen Straßen und Gleise blockiert. Auch in der Stadt selbst und in anderen Teilen Kataloniens gab es massive Proteste. Tausende Unabhängigkeitsbefürworter versammelten sich unter anderem auf der Plaça Sant Jaume vor dem Sitz der Regionalregierung, schwenkten die katalanische Flagge und forderten „Freiheit für die politischen Gefangenen“.
Zuvor hatte das Oberste Gericht Spaniens neun von zwölf angeklagten katalanischen Unabhängigkeitsführern wegen "Aufruhrs" und Veruntreuung öffentlicher Gelder zu neun bis 13 Jahren Haft verurteilt. Den Angeklagten wurde vorgeworfen, im Oktober 2017 ein von der spanischen Justiz als illegal eingestuftes Unabhängigkeitsreferendum organisiert zu haben. Die höchste Strafe erhielt der frühere katalanische Vize-Regionalpräsident Oriol Junqueras mit 13 Jahren Haft.
Das Gericht stellte zudem erneut einen internationalen Haftbefehl gegen den früheren katalanischen Regionalpräsidenten Carles Puigdemont aus. Puigdemont wird wegen "Aufruhrs" und der Veruntreuung öffentlicher Gelder gesucht. Er hatte nach dem Referendum die Unabhängigkeit Kataloniens von Spanien erklärt. Durch seine Flucht nach Brüssel entzog er sich aber der Strafverfolgung in Spanien.
Nach der Unabhängigkeitserklärung kam es zu Spaniens schlimmster politischer Krise seit Jahrzehnten. Die Zentralregierung stellte die Region unter Zwangsverwaltung und ließ zahlreiche Unabhängigkeitsbefürworter inhaftieren. Der verurteilte Junqueras kündigte an, die katalanische Unabhängigkeitsbewegung werde "noch stärker" zurückkommen - "heute ist nichts vorbei", erklärte er in einem Schreiben an seine Unterstützer.
Auch der FC Barcelona kritisierte die Urteile
In Spanien wird am 10. November ein neues Parlament gewählt. Die Regierung von Ministerpräsident Pedro Sánchez hofft, das Ende des Gerichtsprozesses könne dem Dialog mit den Unabhängigkeitsbefürwortern neuen Antrieb geben. In einer Fernsehansprache rief Sánchez am Montag dazu auf, "ein neues Kapitel" aufzuschlagen, betonte aber auch, dass niemand über dem Gesetz stehe. Die Partei von Junqueras, die Republikanischen Linken Kataloniens (ERC), betonte jedoch, ohne eine "Amnestie" für die "politischen Gefangenen und Exilanten" sei ein Dialog unmöglich. Der FC Barcelona kritisierte die Haftstrafen für die neun Angeklagten. "Gefängnis ist nicht die Lösung", schrieb der Fußballverein im Onlinedienst Twitter. (AFP, dpa)