Merkel trifft Tunesiens Regierungschef: Kanzlerin dringt auf schnellere Rückführung abgelehnter Asylbewerber
Die Einrichtung von Asyl-Aufnahmelagern auf tunesischem Boden war kein Thema - im Gespräch mit dem tunesischen Ministerpräsidenten setzt die Kanzlerin auf freiwillige Rückkehr von Flüchtlingen.
Die Bundesregierung will abgelehnte tunesische Asylbewerber mit finanziellen Anreizen zur freiwilligen Rückkehr in ihre Heimat bewegen. Die Rückführung "funktioniert besser, wenn wir es freiwillig tun können", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Dienstag nach einem Gespräch mit Tunesiens Ministerpräsident Youssef Chahed in Berlin. Denkbare Anreize seien etwa Bildungsangebote und Hilfen bei Unternehmensgründungen. Die bisherige Rückführung abgelehnter Tunesier laufe "nicht schnell genug", kritisierte sie.
Nach Merkels Angaben leben derzeit rund 1500 ausreisepflichtige Tunesier in Deutschland. Im vergangenen Jahr seien nur 116 Tunesier tatsächlich ausgereist. "Da müssen wir schneller werden", sagte Merkel.
Die Bundesregierung bleibe mit Tunesien im Gespräch, um "diesen Prozess besser und reibungsloser zu gestalten". Klar müsse auch sein: "Wer sich auf die freiwillige Rückkehr nicht einlässt, dem müssen wir sagen, man muss es auch unfreiwillig tun."
Der tunesische Ministerpräsident verwies darauf, dass es bereits seit einem Jahr eine Vereinbarung mit Deutschland zur Rückführung gebe. Dieser Mechanismus müsse "umgesetzt werden in einer Weise, die die Würde der Betroffenen wahrt", sagte Chahed. Er unterstützte die Idee, abgelehnte Asylbewerber aus Tunesien "möglichst freiwillig" zur Rückkehr zu bewegen - "möglicherweise mit finanzieller Unterstützung".
Die Einrichtung von Asyl-Aufnahmezentren auf tunesischem Boden kam nach Angaben der beiden Regierungschefs bei dem Treffen nicht zur Sprache. Merkel hatte noch am Wochenende angekündigt, die Möglichkeit solcher Zentren mit Tunesien zu besprechen. Chahed hatte dieser Idee jedoch in Interviews vor seinem Treffen mit der Kanzlerin eine Absage erteilt.
"Das Wort ,Auffanglager' ist nicht Teil meines Sprachschatzes"
Das in Medien zitierte Wort "Auffanglager" sei "nicht Teil meines Sprachschatzes", stellte Merkel am Dienstag klar. Ihre Überlegungen zielten darauf ab, "bestimmte Einrichtungen" in Nordafrika zu eröffnen, die Flüchtlinge von der lebensgefährlichen Fahrt über das Mittelmeer abhalten. "Diese Philosophie hat mich geleitet beim Flüchtlingsabkommen mit der Türkei", sagte die Kanzlerin. "Ähnliches wollen wir im Blick auf nordafrikanische Länder tun."
Merkel betonte, dass hinter ihrer Forderung nach beschleunigter Rückführung abgelehnter Asylbewerber kein Pauschalverdacht gegen Tunesier stehe. Zwar gebe es "unter tunesischen Bürgern, die in Deutschland leben, auch Gefährder", sagte sie. Diese machten aber nur einen "ganz kleinen Teil" der hier lebenden Tunesier aus. Merkel kündigte noch für dieses Frühjahr eine Reise nach Tunesien an. (AFP)