zum Hauptinhalt
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und der Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller (SPD), zu Beginn der Bund-Länder-Konferenz am 10. Februar.
© Guido Bergmann/Bundesregierung/dpa

Folgenreiche Bund-Länder-Konferenzen: Kanzleramt hält Protokolle der Corona-Gipfel geheim

Angela Merkels Runden mit den Länderchefs entscheiden die Pandemiepolitik. Würde mehr daraus öffentlich, seien die Beratungen gefährdet, meint die Regierung.

Die einzig verfügbare amtliche Dokumentation der Bund-Länder-Konferenzen in der Pandemiebekämpfung soll offenbar auf längere Zeit unter Verschluss bleiben. Das geht aus einem Bescheid des Bundeskanzleramts auf einen Tagesspiegel-Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) hervor.

Das IFG gewährt Zugang zu behördlichen Dokumenten, soweit keine Ablehnungsgründe entgegenstehen. Das Kanzleramt verweigert den Zugang zu angefertigten Gesprächsprotokollen mit Hinweis auf den Schutz behördlicher Beratungen und Entscheidungen sowie den Schutz des „Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung“.

Am Mittwoch ist es wieder soweit

Für diesen Mittwoch ist erneut eine Konferenz mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder geplant. Die Zusammentreffen auf Einladung des Kanzleramts dienen dazu, die Pandemiepolitik besser abstimmen zu können.

Die Umsetzung der gemeinsam gefassten Beschlüsse erfolgt in der Verantwortung der Länder. Die Beschlüsse entfalten „keine rechtliche Bindung und sind rein politischer Natur“ hatte die Regierung dazu erklärt.

[Wenn Sie alle aktuellen Entwicklungen zur Coronavirus-Pandemie live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Zwar werden die Ergebnisse überwiegend unmittelbar im Anschluss an die Sitzungen öffentlich bekannt gegeben. Dennoch wird an der Runde unter anderem ihre Intransparenz kritisiert.

So sei nicht nachvollziehbar, wie verhandelt wurde, wer welche Positionen eingebracht habe und wie die Beschlüsse im Einzelnen zustande gekommen seien. Dies stehe in einem Missverhältnis zur herausragenden Bedeutung des Gremiums in der Pandemiebekämpfung.

„Ergebnisprotokolle für den eigenen Gebrauch“

Die Runde wird teils per Video zusammengeschaltet, es gibt jedoch keine offizielle Aufzeichnung. Das Bundeskanzleramt erstellt nach eigenen Angaben lediglich „kurze Ergebnisprotokolle für den eigenen Gebrauch“ wie es in der Verwaltung üblich sei. Allerdings seien diese Protokolle „vertraulich“.

Einen IFG-Antrag auf Offenlegung lehnte das Kanzleramt jetzt ab. Die Bekanntgabe würde den „Schutz eines unbefangenen und freien Meinungsaustauschs innerhalb der Bundesregierung, wie auch zwischen Bund und Ländern“ beeinträchtigen, heißt es in dem Bescheid.

Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass es sich bei der Pandemie um einen „dynamischen Prozess eines medizinisch und gesellschaftlich völlig neuartigen Phänomens“ handele. Es sei „zwingend notwendig“, dass die Regierung „in einem geschützten Bereich“ Ideen aufwerfen, besprechen und auch wieder verwerfen könne.

Die einzelnen Beratungen der Bund-Länder-Konferenz könnten nicht isoliert betrachtet werden, heißt es, „sondern setzen aufeinander auf“ und bilden einen „fortdauernden Vorgang“.

Damit bleiben die Protokolle für die Öffentlichkeit vorerst gesperrt. Ob die Bundesregierung sie in Zukunft freigibt, soll demnach wohl vom Pandemieverlauf abhängig sein. Ein Zugang könnte somit erst dann ermöglicht werden, wenn das Virus vollkommen unschädlich geworden, die Pandemie aus Sicht der Regierung „bewältigt“ ist – möglicherweise also nie. Der Tagesspiegel hat Widerspruch gegen die Ablehnung des IFG-Antrags erhoben, über den nun erneut das Kanzleramt entscheiden muss.    

Zur Startseite