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Friedrich Merz befürchtet wegen der Flüchtlinge einen "Kontrollverlust".
© dpa/Martin Schutt/

Machtkampf in der CDU: Kandidaten einigen sich auf drei Townhall-Veranstaltungen

Es wird diesmal beim Kampf um den CDU-Vorsitz keine Tour durchs Land geben. Der Wettstreit wird verkompliziert durch die Flüchtlingsfrage und das Coronavirus.

Norbert Röttgen sieht sich bestätigt. Bei seiner Bewerbung um den CDU-Vorsitz hatte der Außenpolitiker beklagt, dass niemand nach Idlib schaue – jetzt geht von den Kämpfen um die Stadt in Nordsyrien eine neue Flüchtlingsbewegung aus. Röttgen fordert eine Neuauflage des EU-Abkommens mit der Türkei.

Auch Friedrich Merz ist gleich auf Sendung: „Wir können euch hier nicht aufnehmen!“, ruft er den Flüchtenden via MDR zu und warnt vorsorglich vor „Kontrollverlust“ an der deutschen Grenze.

Als rasches Gegenmittel fällt freilich auch dem ewigen Angela-Merkel-Kritiker nur ein, das EU-Türkei-Abkommen finanziell nachzubessern. Armin Laschet schweigt am Montag, umständehalber. Der NRW-Regierungschef war unterwegs auf dem Rückflug aus Israel.

Die Rückkehr der Flüchtlingsfrage auf die Agenda ist nur die jüngste Entwicklung, die das Rennen um den CDU-Vorsitz diesmal sehr viel unberechenbarer macht als zuletzt vor zwei Jahren. Schon der Corona-Ausbruch verschob die Fronten. Jens Spahn kann nicht einfach nur als konservatives Korrektiv für den Liberalen Laschet auftreten. Er muss plötzlich zugleich eine Krise managen, die ihn nicht nur als Gesundheitsminister prüft.

Macht er’s gut, steht er am 25. April als Held auf der Parteitagsbühne; wenn nicht, schadet er Laschet gleich mit. Wobei im Moment niemand sagen kann, ob der Parteitag überhaupt in der üblichen Form stattfinden kann. 1001 Delegierte plus Hunderte Gäste und Journalisten aus der ganzen Republik, versammelt in einer Berliner Messehalle, fallen klar unter die Kategorie „Großveranstaltung“.

Lage auch ohne Virus schwierig

Dabei ist die Lage auch ohne Virus schwierig genug. Die Spaltung der CDU, die 2018 erst nach dem Sieg von Annegret Kramp-Karrenbauer in Hamburg aufbrach, prägt diesmal schon den Wettstreit. Es geht giftiger zu. Merz marschiert mit dem Säbel auf die Konkurrenten los – die stünden bloß für „weiter so“. Laschet stichelt, die CDU müsse „Volkspartei der Mitte“ bleiben. Röttgen greift beide an. Jeder buhlt mit den anderen um prominente Interview- und Sendeplätze. Und Landesverband um Landesverband gibt Bekenntnisse ab, nachdem führende Baden-Württemberger mit einem Votum für Merz den Reigen der Parteinahmen angefangen hatten.

Am Montagabend trafen sich alle im Konrad-Adenauer-Haus zur Besprechung

Die offene Polarisierung gab es vor zwei Jahren nicht. Damals stellten sich nur die Hundertprozentigen vom Wirtschaftsflügel hinter ihren Favoriten Merz. Als Paul Ziemiak neulich zum Aschermittwoch in Passau bei der CSU vorbeischaute, musste der Generalsekretär sich denn auch verwunderte Fragen aus der Schwesterpartei anhören: wieso die CDU darauf verzichte, den Vorsitzenden-Wettstreit wieder in Regionalkonferenzen auszutragen – und ihn so unter Kontrolle zu halten?

Tatsächlich hatte der Umstand, dass sich die Kontrahenten seinerzeit alle paar Tage sahen, Attacken und Parteinahmen weitgehend verhindert. Doch diesmal war keiner der Bewerber scharf auf die kräftezehrende Basis-Tournee, und die Parteizentrale beim Blick auf die Kasse auch nicht. In den Vorgesprächen mit der scheidenden Chefin Kramp-Karrenbauer sagten aber alle zu, sich auf andere Wege zu verständigen für ein geordnetes Verfahren in den nächsten sechs Wochen.

Drei Townhall-Runden mit den Bewerbern

Am Montagabend trafen sich alle im Konrad-Adenauer-Haus zur Besprechung. Merz war telefonisch zugeschaltet. Nach einer Stunde stand fest: Es bleibt bei der Absage an Basistreffen oder Vorstellungsrunden bei Landesverbänden. Stattdessen ist ein „CDU live“-Talk mit jedem der Kandidaten geplant und zwei zentrale, per Internet übertragene Townhall-Veranstaltungen mit allen zusammen. Mitglieder sollen Fragen stellen können.

Kramp-Karrenbauer lobte hinterher „gute Regeln für einen fairen Wettbewerb“. Aber auch die werden aus der Konkurrenz nicht wieder die Schärfe herausnehmen. Die Favoriten brauchen sie. Merz setzt auf die Spaltung, um einen „Richtungsentscheid“ zu erzwingen. Laschet und Spahn nutzen den Riss in der Partei für die umgekehrte Erzählung: Nur gemeinsam führe ein Weg zu neuer Stärke.

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