Nach dem Anschlag von Ottawa: Kanadische Polizei nennt die Tat einen Terrorakt
Die kanadische Polizei spricht bei dem Anschlag von Ottawa von einem Terrorakt. Doch die Mutter des Täters widerspricht: Ihr Sohn habe psychische Probleme gehabt, sie glaube nicht an ein politisches Motiv.
Der Chef der kanadischen Bundespolizei RCMP, Bob Paulson, hat den Angriff des 32-jährigen Michael Zehaf-Bibeau am vergangenen Mittwoch auf das Parlament in Ottawa eine „terroristische Attacke“ genannt. Diese Formulierung hatte unmittelbar nach der Tat auch Regierungschef Harper benutzt, während die Polizei zurückhaltender formulierte und nur von einem Angriff sprach.
Zehaf-Bibeau hat nach Polizeiangaben unmittelbar vor der Tat ein Video von sich aufgenommen. Dieses scheint die Polizei zu der Einschätzung zu bringen, dass der Täter aus ideologischen und politischen Motiven handelte. Allerdings wurde das Video noch nicht veröffentlicht. Dies soll erst nach einer „detaillierten Analyse“ der Aufnahme erfolgen. Der Täter hatte in den Tagen vor der Attacke in einem Obdachlosenheim in Ottawa gelebt, er verfügte der Polizei zufolge über erhebliche Finanzmittel. Zuvor hatte er offenbar in den Ölfeldern Albertas gearbeitet und eine größere Menge Geld angespart.
Die Mutter von Zehaf-Bibeau widersprach der Darstellung der Polizei: Ihr Sohn habe psychische Probleme gehabt und habe sterben wollen, seine Aktion sei weder ideologisch noch politisch motiviert gewesen, schrieb Susan Bibeau in einem Brief an die Zeitung „National Post“. Mit seiner Mutter hatte Zehaf-Bibeau erstmals seit fünf Jahren kurz vor der Tat Kontakt aufgenommen und sie in Ottawa getroffen. Susan Bibeau schreibt in dem Brief, ihr Sohn habe im Islam einen Ausweg gesucht. Er wollte nach Saudi-Arabien gehen, um den Koran zu studieren. Ihr Sohn habe geglaubt, in einem muslimischen Land glücklicher zu werden. Kanadas Polizei hatte fälschlicherweise berichtet, Zehaf-Bibeau wollte in den Bürgerkrieg nach Syrien gehen. Sie hat ihren Fehler inzwischen eingestanden.
Susan Bibeau sagte, ihr Sohn habe davon gesprochen, dass der „Shaytan“ (der Teufel) ihn versuche. Sein Antrag auf einen Pass sei auch nach einem Monat nicht genehmigt worden. Ihr Sohn habe sich „in einer Falle“ gefühlt. Er habe sein bisheriges Leben hinter sich lassen und ein neues beginnen wollen, sei dazu aber nicht in der Lage gewesen. Sie glaube, ihr Sohn habe den einzigen Ausweg im Tod gesehen, den er aber nicht durch seine eigene Hand herbeiführen wollte. „Die meisten werden meinen Sohn einen Terroristen nennen. Ich glaube nicht, dass er Teil einer Organisation war oder im Namen einer großen Ideologie oder aus politischen Motiven handelte. Ich glaube, er handelte aus Verzweiflung“, schrieb Susan Bibeau.
Am Mittwoch hatte Zehaf-Bibeau zunächst am nahe gelegenen Kriegsdenkmal einen 24-jährigen Wachsoldaten erschossen und war dann mit seinem Gewehr zum Parlament gefahren und gerannt. Er stürmte in das Gebäude, wo er vom Chef des Sicherheitsdienstes, Kevin Vickers, erschossen wurde.
Ottawa unternahm unterdessen am Montag den nächsten Schritt zurück zur Normalität. Das Parlament wurde wieder für Führungen geöffnet. Bereits am Freitagabend hatte die Polizei die Absperrung rund um das Parlament aufgehoben. Die konservative Regierung von Premierminister Stephen Harper wollte am Montag verschärfte Sicherheitsgesetze vorlegen. Diese sind keine unmittelbare Reaktion auf den Anschlag – ihre Einbringung war bereits für den vergangenen Mittwoch, den Tag des Anschlags, geplant gewesen. Nach bisherigen Informationen wurde der Gesetzentwurf in den vergangenen Tagen nicht weiter verschärft. Die Konservativen werden aber darauf dringen, angesichts der Attacke die Gesetze schnell zu beschließen.
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