Warnung vor Fake News aus Russland: Kampf um die Ostsee
Derzeit nehmen 3000 Soldaten an einem Nato-Manöver in der Ostsee teil. Moskau gefällt das nicht. Und nicht nur die Balten befürchten gezielte Desinformationen.
Baltische Spitzenbeamte, das US-Außenministerium und Fachjournalisten warnen vor Desinformationsversuchen russischer Stellen - vor allem mit Blick auf das Nato-Manöver in der Ostsee, von dem sich die Regierung in Moskau provoziert fühlt. Nahe der Insel Bornholm trainieren derzeit 3000 Soldaten unter Nato-Führung die Abwehr potenzieller Seeblockaden.
An dem "Northern Coast" genannten Manöver beteiligen sich nicht nur 15 Nato-Mitgliedsstaaten - darunter federführend Deutschland -, sondern auch die Schweiz, Schweden und Finnland. Das Szenario sieht vor, dass ein Anrainerstaat eine Ostseeinsel besetzen wolle, um Schifffahrtsrouten zu kontrollieren. Nato-intern ist unstrittig, dass bei der Übung simuliert werden soll, Russlands Marine abzuwehren.
Und so wird das Manöver in Moskau als Aggression wahrgenommen, zumal die offiziell neutralen Ostsee-Staaten Schweden und Finnland an dem Nato-Einsatz mitwirken. Russlands Regierung fürchtet zudem um die Freiheit seiner eigenen Ostseezugänge vor St. Petersburg und Kaliningrad.
Die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen wiederum bemühen sich seit dem Krieg in der Ukraine noch intensiver um Nato-Unterstützung. Das Baltikum trat 2004 der Militärallianz bei, insbesondere die Amerikaner bauten ihre Präsenz in den drei Staaten aus.
Schon früher gab es bei Nato-Manövern Fake News
Um auf mögliche Gefahren durch sogenannte Fake News, also gestreute Desinformationen, aufmerksam zu machen, hat das US-Außenministerium auch für den Tagesspiegel eine Pressereise in die lettische Hauptstadt Riga organisiert. Die Nato hat in Riga nach Ausbruch der Ukraine-Krise ein Kompetenzzentrum für strategische Kommunikation aufgebaut, in dem Artikel, Sendungen und Kommentare auf Internetplattformen mit dem Ziel beobachtet werden, Einflussnahmen der russischen Regierung zu erkennen.
"Russische Sender und russische Kampagnen in sozialen Netzwerken versuchen Lettland als schwachen, zerfallenden Staat darzustellen", sagte Viktors Makarovs, Sonderbeauftragter für Informationssicherheit der lettischen Regierung. "Zu einem geringen Preis soll so Unruhe in unserem Land gestiftet werden."
Die über Lettland hinaus bekannte TV-Journalistin Rita Rudusa sagte, man müsse während Nato-Manövern mit "Fake-News-Fällen" rechnen: Dazu zählten erfundene Unfälle und Todesopfer. So hatten russische Medien 2018 fälschlich berichtet, Nato-Soldaten hätten bei einer Übung in Litauen ein Kind totgefahren.
Lettland war bis 1991 eine sowjetische Teilrepublik
Lettland allerdings bot russischen Medien zuletzt auch gut begründeten Anlass zu Kritik: Im März zogen 1000 Letten durch Riga, um der heimischen Veteranen der Waffen-SS zu gedenken. Dabei wurden Hakenkreuze gezeigt. Nationalistische Letten betrachten die SS-Veteranen als Patrioten, die sich im Kampf gegen die Moskauer Kommunisten den Nazis anschlossen.
Nach dem Krieg war Lettland bis 1991 eine sowjetische Teilrepublik, danach ein souveräner Staat. Noch heute aber besitzen circa 200.000 Einwohner, fast zehn Prozent der Bevölkerung, keine lettische Staatsbürgerschaft: Die Regierungen in Riga verwehrten aus Russland stammenden Einwohnern die Staatsbürgerschaft zunächst. Viele lettische Russen haben sie inzwischen aber erfolgreich beantragt.
Das aktuelle Manöver der Nato ist die 13. Übung dieser Art in der Ostsee. Mehr als 40 Kriegsschiffe nehmen bis zum 18. September daran teil. Mit 1.300 Soldaten stellt die Bundesmarine das größte Truppenkontingent. Die Einsatzzentrale befindet sich Glücksburg nahe Flensburg.
Korrektur: In einer vorherigen Version war die Fregatte "Oldenburg" auf dem Bild zu sehen und nicht die Fregatte "Lübeck".