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Donald Trump obenauf: Die Republikaner gehen auf ihn zu.
© Spencer Platt/AFP

US-Wahlen: Kampf gegen Clinton führt Trump und Republikaner zusammen

Der Widerstand gegen einen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump wird leiser - vor allem aus Einsicht in die Notwendigkeit. Denn die Differenzen bleiben groß. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Jetzt ist erstmal Eintracht die Parole zwischen der Republikanischen Partei und ihrem ungewöhnlichen Präsidentschaftskandidaten. Doch wie lange wird sie halten? "Die Chemie stimmt", hieß es nach dem Treffen Donald Trumps mit Paul Ryan, der als "Speaker" des Repräsentantenhauses die Nummer Drei im Staat und der ranghöchste Republikaner ist, sowie Reince Priebus, der als Vorsitzender des Republican National Comittee (RNC) die laufenden Geschäfte der Partei führt. "Wir haben einen großen Schritt in Richtung Einheit der Partei gemacht", lobte sich das Triumvirat nach nur 45 Minuten Beratungen.

Nach Drohungen nun oberflächliche Harmonie

Die Tage zuvor waren ein Wechselbad von Gefühlen und Tonlagen. Auf Drohung und Gegendrohung folgten verbale Umarmungen und angedeutete Unterwerfungsgesten, die jäh wieder in kämpferische Ankündigungen umschlugen. So brachte die zurückliegende Woche ein Auf und ab von Zustimmung und Ablehnung zwischen den Alphatieren im konservativen Lager. Sie sind in den sechs Monaten bis zum Wahltag am 8. November aufeinander angewiesen und müssen kooperieren. Denn wenn ihr Lager zerstritten auftritt, haben die Demokraten mit Hillary Clinton an der Spitze leichtes Spiel. Also müssen sie aufeinander zugehen.

Sie favorisieren jedoch ganz unterschiedliche Politikstile und verfolgen auseinander driftende Interessen. Trump ist Volkstribun mit populistischen Parolen ohne Rücksicht auf das Parteiprogramm, Ryan und Priebus setzen auf eine klar erkennbare Identität auf Grund inhaltlicher Positionen und überarbeiten das Parteiprogramm. Trumps unberechenbarer Freibeuterstil ist ein Ärgernis und Hindernis bei dieser Arbeit.

Zum Kräfteparallelogramm im Ringen um Einfluss, Macht und Wahlprogramm gehören aber auch die diversen Wählergruppen und die übrigen mehr oder minder einflussreichen Größen der Partei. Da zeigen sich Verschiebungen in Loyalität und Gefolgschaft, seit Trumps Rivalen um die Kandidatur aufgegeben haben und er die Nominierung als Präsidentschaftskandidat so gut wie sicher hat.

Einige Gegner laufen zu Trump über

Immer mehr frühere Trump-Gegner sagen, dass sie für ihn stimmen wollen, oder geben ihm sogar ein "Endorsement", die offizielle Unterstützungserklärung. Dazu zählen, erstens, ehemalige Rivalen um die Kandidatur, die Trump vor wenigen Monaten noch erbittert bekämpft und ihn für ungeeignet befunden hatten wie Bobby Jindal, der Gouverneur von Louisiana, und Ex-Texas-Gouverneur Rick Perry. Zweitens einflussreiche Parteigrößen, die abgewartet hatten, weil sie den Kandidaten Trump und die Wahlaussichten der Partei mit ihm skeptisch sehen, aber sich nun ins Unvermeidliche fügen, wie Orrin Hatch, Senator von Utah.

Und drittens Großspender wie Sheldon Adelson, Casino-Besitzer in Las Vegas und konsequenter Unterstützer des Staates Israel. Auch er hatte gute Gründe, Distanz zu Trump zu halten wegen dessen doppeldeutiger Äußerungen zur Nahostpolitik der USA. Deshalb wird sein Einschwenken auf Trump aufmerksam beobachtet. Ihre Haltung drückt sich in Adelsons Stellungnahme aus: "Man mag nicht, was er sagt oder twittert. Aber Amerika brauchten einen starken Führer dringender als zuvor in der Geschichte."

Eingefleischte Trump-Gegner, die seine Kandidatur offen bekämpft hatten wie Mitt Romney, der Kandidat von 2012, und Lindsey Graham, der langjährige Senator von South Carolina, sind nicht übergelaufen. Aber sie trompeten ihre Ablehnung Trumps nicht mehr so laut in die Welt. Und Karl Rove, der Wahlstratege von George W. Bush, gibt seinen Äußerungen über Trump neuerdings einen anderen Spin. Die Argumente, mit denen er bisher begründete, warum Trump der falsche Kandidat sei, verpackt er nun als Ratschlag, an welchen Schwächen Trump noch arbeiten müsse, um Hillary Clinton im Herbst zu besiegen.

Wird Ted Cruz einlenken?

Mit Spannung verfolgen die professionellen Beobachter, wie Ted Cruz sich verhält, der seine Bewerbung um die Präsidentschaft erst hat nach der Niederlage in Indiana beendet hatte. Wird er seine 564 Delegierten beim Parteitag aufstacheln oder zur Einheit unter dem Kandidaten Trump aufrufen? Für Trump wäre der öffentliche Friedensschluss mit Cruz ein Triumph. Aber dessen Neigung, eine solche Umarmung über sich ergehen zu lassen, nachdem Trump ihn monatelang als "Lying Ted" beschimpft hatte, ist begrenzt.
Andere vormalige Trump-Gegner haben ihren Widerstand stillschweigend aufgegeben. "Die größte Einigungswirkung auf die Republikanische Partei hat die Aussicht auf eine Präsidentin Hillary Clinton", kommentiert ein Parteistrategen alle diese Dynamiken süffisant.

In den Umfragen legt Trump zu

Ein Trumpf für Trump ist die Entwicklung der Umfragen: Die Zustimmung zu ihm im konservativen Lager wächst, von rund 35 Prozent über die ersten Monate des Jahres auf inzwischen über 45 Prozent. Und im Vergleich mit Hillary Clinton holt er zumindest in einigen Erhebungen auf..

Diese Dynamik müssen auch Ryan und Priebus berücksichtigen, wenn sie abwägen, wie offen und wie intensiv sie den schwelenden Konflikt mit Trump um die inhaltlichen Positionen austragen. Die programmatischen Differenzen sind groß. Trump flirtet mit einer Steuererhöhung für die Reichsten, die Partei ist prinzipiell dagegen. Trump kritisiert Freihandelsabkommen, zwar nicht das geplante mit der EU (TTIP), sondern nur die mit Staaten, wo Löhne und Standards niedriger sind als in den USA, wie Mexiko, Vietnam, Korea - aber das Eintreten für Freihandel gehört zu den Grundpositionen der Republikaner.

Auch Trumps Äußerungen zum Abtreibungsrecht, zum Umgang mit Muslimen und mit Einwanderern aus Lateinamerika liegen nicht auf Parteiline. Der Zulauf zu Trumps Wahlkampfveranstaltungen und auch Umfragen deuten darauf hin, dass eine Mehrheit der konservativen Wähler in vielen dieser Punkte emotional eher Trump als dem offiziellen Parteiprogramm folgt.

Verbal zeigt sich der Kandidat da im Übrigen sehr flexibel. Wenn die öffentliche Aufregung über einzelne Äußerungen zu groß wird, signalisiert er Entgegenkommen. Er wisse, dass seine Steuervorschläge nicht eins zu eins umgesetzt werden. Oder: Das Einreiseverbot für Muslime sei "nur so eine Überlegung" gewesen. Das hindert ihn aber nicht, seine "Überlegungen" bei nächster Gelegenheit in alter Schärfe zu wiederholen.

Seine Steuern will Trump doch nicht offen legen

Auch zu seiner eigenen Steuererklärung äußert sich Trump doppeldeutig. Seit Jahrzehnten ist es üblich, dass Präsidentschaftskandidaten ihre Steuererklärungen der letzten Jahre offen legen - freiwillig, vorgeschrieben ist das nicht. Trump sagt einerseits, er würde das gerne tun, könne das aber nicht, da seine Erklärung gerade überprüft werde. Wenn das Verfahren abgeschlossen sei, werde er das nachholen; er hoffe, vor dem Wahltag.

Als er in einem Fernsehinterview jetzt gefragt wurde, ob er ersatzweise Auskunft über seinen Steuersatz geben würde, antwortete er barsch: "Das geht Sie nichts an." Auf eine weitere Frage, ob er meine, dass die amerikanischen Wähler ein Anrecht darauf haben, die Steuererklärung der Präsidentschaftskandidaten zu erfahren, antwortete er: Nein.

Angesichts von so viel Konfliktstoff rund um den Kandidaten Trump sowie zwischen ihm und der Partei werden die neun Wochen bis zum Parteitag in Cleveland wohl kaum so harmonisch verlaufen, wie das die Äußerungen nach dem Friedensgipfel vom vergangenen Donnerstag verheißen. An dieser Convention werden auch einige Republikaner teilnehmen, die nach wie vor erbitterte Trump-Gegner sind. Die Parteitagsregeln bieten ihnen vielfältige Optionen, ihrem Ärger öffentlich Luft zu machen, vom Verhalten der Delegierten der unterlegenen Trump-Rivalen über das Wahlprogramm bis zur Abstimmung über den Vizepräsidenten.

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