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Kamala Harris, demokratische Kandidatin für die Vizepräsidentschaft
© AFP/Getty Images/Ethan Miller

TV-Debatte der Vize-Kandidaten: Kamala Harris – die kommende US-Präsidentin?

Die Corona-Erkrankung Trumps verändert vieles – auch die Dynamik der TV-Debatte der Vizes. Mike Pence ist Chef der Corona-Taskforce. Eine Analyse.

Nach der Debatte ist vor der Debatte - ach, wirklich? Die Corona-Erkrankung von US-Präsident Donald Trump wirbelt alles durcheinander, womöglich auch die Pläne für die TV-Debatte zwischen Vizepräsident Mike Pence und Joe Bidens Vize-Kandidatin Kamala Harris. Stattfinden soll sie am kommenden Mittwoch in Salt Lake City im Bundesstaat Utah. Als Moderatorin ist die Bürochefin der Zeitung „USA Today“, Susan Page, vorgesehen. Sie hat vier Jahrzehnte lang über das Weiße Haus berichtet, sechs Präsidenten und elf Wahlkämpfe begleitet. „Durch solche Debatten lebt unsere Demokratie“, sagt sie.

Aber wird es diese Debatte überhaupt geben? Pence und seine Frau wurden am Freitag negativ auf Covid-19 getestet. Ob er sich trotzdem in Quarantäne begeben muss, ist noch offen. Den letzten öffentlichen Kontakt zu Trump hatte er am vergangenen Montag im Rosengarten des Weißen Hauses. Nach eigenen Angaben traf er den Präsidenten aber auch noch am Dienstag im Oval Office.

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Das Interesse an der TV-Debatte der Vizes dürfte jedoch enorm gestiegen sein. Beide Kandidaten stehen unter besonderer Beobachtung. Kamala Harris, Senatorin aus Kalifornien und ehemalige Generalstaatsanwältin, ist eine glänzende Rednerin. Scharfzüngig und schlagfertig. Während der Vorwahlen warf sie Biden in einer TV-Debatte vor, in den siebziger Jahren rassistische Senatoren unterstützt und gegen Programme zur Unterstützung von Integrationsschulen opponiert zu haben. Das war der einzige Moment, in dem Biden schlecht aussah. Es ehrt ihn, dass er sie dennoch nominierte.

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Was Amerikaner indes am meisten interessieren dürfte, ist die Frage, ob Harris auch Präsidentin sein kann. Biden wäre bei Amtsantritt 78 Jahre alt. Die Vizepräsidentin müsste im Falle eines Falles bereit und fähig sein, die Geschicke des Landes zu lenken. Harris darf sich also nicht allein auf ihre rhetorischen Fähigkeiten verlassen, sondern muss eine gewisse Gravitas ausstrahlen. Einerseits. Andererseits muss die Tochter von Einwanderern aus Jamaika und Indien andere „People of Color“ motivieren, zur Wahl zu gehen. Das wiederum verlangt Angriffsfreude. Kann Harris Präsidentin sein? Der Beweisdruck liegt auf ihren Schultern.

Pence leitet die Corona-Taskforce des Weißen Hauses

Der 61-jährige Mike Pence dagegen ist eher ruhig, leise und unauffällig. Der Ex-Katholik, der ursprünglich hatte Priester werden wollen, bevor er zur „Grace Evangelical Church“ konvertierte, soll Trump die Stimmen der weißen, konservativen Evangelikalen sichern. „Ich bin Christ, konservativ, Republikaner – in dieser Reihenfolge“, sagt Pence über sich selbst. Die Evolutionstheorie lehnt er ebenso ab wie die These vom menschenverursachten Klimawandel.

Sein größtes Handicap wird freilich durch Trumps Corona-Erkrankung offensichtlich: Seit April leitet Pence die Corona-Taskforce des Weißen Hauses. Regelmäßig prognostizierte er ein baldiges Ende der Pandemie. Im Mai sprach er von "enormen Fortschritten" im Kampf gegen das Virus. Der Arbeitskreis um die Virologen Anthony Fauci und Deborah Birx könne aufgelöst werden, so Pence. In Mediziner-Kreisen löste diese Ankündigung Entsetzen aus. Inzwischen sind an Covid-19 mehr als 200.000 Amerikaner gestorben. Das zu thematisieren, wird Harris sich nicht entgehen lassen.

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