Deutsche Soldaten im Ausland: Kabinett beschließt Verlängerung von sechs Bundeswehreinsätzen
Die Bundeswehr ist seit 16 Jahren in Afghanistan und ein Ende des Einsatzes ist nicht in Sicht. Stattdessen wird die Truppe jetzt wieder deutlich aufgestockt.
Das Bundeskabinett hat die Verlängerung von sechs Bundeswehreinsätzen mit derzeit rund 2600 Soldaten beschlossen. Darunter sind die drei wichtigsten Missionen der deutschen Streitkräfte in Mali, in Afghanistan und im Kampf gegen den IS im Irak und in Syrien. Alle drei sollen personell oder geografisch ausgeweitet werden. Das letzte Wort hat der Bundestag, ein Ja mit den Stimmen von Union und SPD gilt aber als sicher.
Die Afghanistan-Truppe soll nach dem Beschluss vom Mittwoch in der wohl letzten Sitzung des noch amtierenden Kabinetts von derzeit höchstens 980 Soldaten auf bis zu 1300 aufgestockt werden. Es ist bereits die zweite Verstärkung seit dem Ende des Nato-Kampfeinsatzes 2013. Damals war eigentlich schon der komplette Abzug ins Auge gefasst worden.
Umstrittener Kampf gegen IS
Jetzt führt die miserabele Sicherheitslage in Afghanistan dazu, dass der Trend in die andere Richtung geht und Afghanistan bald wieder zum größten Einsatz der Bundeswehr wird. „Wir brauchen Geduld und einen langen Atem, ganz ohne Frage“, sagte Verteidigungsministerin von der Leyen im ARD-„Morgenmagazin“ zur Lage in dem Krisenland, in dem seit Jahrzehnten Krieg und Terror herrschen.
Auch der Einsatz im westafrikanischen Mali - der bisher größte und gefährlichste der Bundeswehr - soll ausgeweitet werden, aber nicht so stark wie der in Afghanistan. Statt bisher höchstens 1000 sollen sich künftig bis zu 1100 Soldaten an der UN-Mission zur Stabilisierung des Landes beteiligen. Der Norden geriet 2012 nach einem Militärputsch vorübergehend in die Hände islamistischer und anderer Rebellengruppen, die erst nach einer französischen Intervention zurückgedrängt werden konnten. Es kommt aber immer wieder zu Anschlägen und Angriffen - vor allem im Norden des Landes, wo die Bundeswehr stationiert ist. Mehr als 100 Blauhelmsoldaten wurden bereits getötet.
Der Ausbildungseinsatz im Irak zur Unterstützung des Kampfes gegen die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) soll personell zwar zurückgefahren werden. Geografisch wird er allerdings ausgeweitet. Statt wie bisher nur in der Kurdenregion im Norden des Landes soll die Ausbildung und Beratung der Streitkräfte künftig im ganzen Land stattfinden. Der Schwerpunkt soll bei der Unterstützung der Armee der irakischen Zentralregierung in Bagdad liegen. Zudem werden die Aufklärungsflüge deutscher „Tornados“ von Jordanien aus fortgesetzt.
Die deutsche Beteiligung am Kampf gegen den IS ist rechtlich umstritten. Die Grünen halten sie für verfassungswidrig, weil sie ihrer Auffassung nach nicht wie vom Grundgesetz vorgeschrieben innerhalb eines „Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit“ stattfindet. Für die Grünen sind solche Systeme nur die EU, die Nato oder die Vereinten Nationen.
Hinter dem Anti-IS-Einsatz steht aber eine lose Allianz aus 71 Staaten. Verteidigungsministerin von der Leyen wies die rechtlichen Bedenken trotzdem zurück. „Das Mandat ist auf einer sicheren völkerrechtlichen Basis“, sagte die CDU-Politikerin. Die irakische Regierung habe zu dem Einsatz eingeladen. Außerdem stehe die Bundeswehr dort „Seite an Seite“ mit EU, UN und Nato.
3500 Soldaten, 14 Einsätze
Von der Leyen wandte sich auch gegen Befürchtungen, die Bundeswehr könne wegen des schlechten Zustands ihres Materials die Auslandseinsätze nicht bewältigen. „Wir haben ein Prinzip in der Bundeswehr, dass alles sich auf den Einsatz konzentriert“, sagte die CDU-Politikerin, die ihr Amt auch in einer neuen Bundesregierung behalten wird. Sie unterstrich aber, dass weiter massive Investitionen in die Truppe nötig seien.
Ein Forum kritischer Soldaten in der Bundeswehr wies dagegen mit Blick auf die Ausweitung des Einsatzes im Irak auf den schlechten Zustand der Truppe hin. Der Sprecher des Arbeitskreises Darmstädter Signal, Florian Kling, sagte im SWR auf die Frage, ob die Bundeswehr einen solchen Einsatz bewerkstelligen könne: „Nein, sie kann das nicht schaffen. Wir haben ja noch nicht mal die Flugzeuge, um unsere Soldaten überhaupt in diesen Auslandseinsatz zu fliegen. Die Situation bei Personal und Material ist so angespannt, dass die Bundeswehr eigentlich kurz vor dem Zusammenbrechen ist.“
Das Kabinett verlängerte auch drei Einsätze, die von der deutschen Öffentlichkeit kaum beachtet werden. Für die Nato-Operation „Sea Guardian“, mit der die Seewege im Mittelmeer gesichert werden sollen, sind weiterhin bis zu 650 Soldaten vorgesehen. Derzeit sind es 190. An den beiden UN-Friedensmissionen im Südsudan und im Sudan soll sich die Bundeswehr weiterhin mit jeweils bis zu 50 Soldaten beteiligen. Derzeit sind es zusammen rund 20. Insgesamt ist die Bundeswehr mit 3600 Soldaten an 14 internationalen Einsätzen beteiligt. (dpa)