Weiter Juso-Chefin: Johanna Uekermann: Jusos drohen mit "Aufstand" gegen SPD-Chef Sigmar Gabriel
Juso-Chefin Johanna Uekermann provoziert harsche Kritik aus der SPD, droht Sigmar Gabriel mit einem "Aufstand" - und wird dafür mit einem guten Ergebnis wiedergewählt.
Unmittelbar vor dem Juso-Bundeskongress hatte die Vorsitzende der SPD-Nachwuchsorganisation, Johanna Uekermann, SPD-Chef Sigmar Gabriel scharf kritisiert. "Gabriel gebe ich für seine Politik in der großen Koalition und als Parteivorsitzender eine Vier minus", sagte Uekermann der "Rheinischen Post". Die Asylpolitik der großen Koalition sei "erbärmlich". "Wir lassen uns von der Union an die Wand spielen", kritisierte Uekermann.
Sie drohte Gabriel mit starkem innerparteilichen Protest, sollte die SPD in der Asylppolitik einknicken und einer Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen zustimmen. "Obergrenzen sind eine Linie, die nicht überschritten werden darf. Das ist mit der SPD nicht zu machen", sagte Uekermann. Es dürfe "unter keinen Umständen eine Grundgesetzänderung beim Asylrecht geben". "Bleibt Sigmar Gabriel da nicht hart, werden wir in der SPD einen Aufstand proben, der eine neue Qualität haben wird", drohte die Juso-Chefin.
Die Juso-Chefin vermisst beim SPD-Chef Klarheit - und Respekt
Am Abend des Bundeskongresses legte sie in Bremen trotz harscher Kritik aus der SPD noch einmal nach: Sie vermisse bei Gabriel so einiges, sagte Uekermann. „Vor allem aber eins: den Respekt vor unserer Partei.“
Lob fand Uekermann dagegen für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU): Die Bundeskanzlerin sei in der Flüchtlingspolitik auf dem richtigen Kurs. „In dieser Frage muss man echt sagen, dass sie zum allerersten Mal in ihrer zehnjährigen Kanzlerschaft so etwas wie Rückgrat zeigt“, sagte die Juso-Chefin der Deutschen Presse-Agentur.
Der Parteinachwuchs unterstützt die Juso-Chefin mit großer Mehrheit
Für ihre Linie hat sie in Bremen Unterstützung des Parteinachwuchses erhalten. Die Jusos wählten Uekermann nach deren massiver Gabriel-Schelte am Freitag in Bremen mit 214 von 296 Stimmen wieder und bestätigten sie damit für weitere zwei Jahre im Amt. Das waren 72,3 Prozent Zustimmung. Bei ihrer ersten Wahl zur Juso-Chefin 2013 war Uekermann noch knapp unter 70 Prozent geblieben.
Uekermann giftet auch wegen TTIP, Vorratsdatenspeicherung und Griechenland gegen Gabriel
SPD-Vize Ralf Stegner hatte bei seiner Rede in Bremen Gabriel zuvor in Schutz genommen, obwohl er nach eigenen Worten auch nicht immer einer Meinung mit dem Parteichef sei. Uekermann betonte erneut, als Merkel in der Flüchtlingspolitik „so etwas wie Rückgrat“ gezeigt habe, „war Sigmar sich nicht zu blöde, sie rechts zu überholen“. Als Tausende gegen das geplante Freihandelsabkommen TTIP demonstriert hätten, habe Gabriel eine ganzseitige Zeitungsanzeige für TTIP geschaltet. Auch seine Politik bei der Vorratsdatenspeicherung und in der Griechenland-Debatte habe zur Note "Vier minus" beigetragen. „Sigmar, bist Du noch bei uns?“, rief Uekermann fragend den Delegierten zu, die ihr stehend Beifall spendeten. In ihrer Rede warb sie für ein rot-rot-grünes Bündnis.
SPD-Vice Stegner: Merkel ist freundlich - "wenn man sie mit Herrn Seehofer vergleicht"
Stegner - der bei der Kritik an Gabriel bereits den Kongress verlassen hatte - verteidigte den Parteichef. Es sei auch Gabriel zu verdanken, dass es den „Unsinn“ der Transitzonen nicht gebe, wodurch das Asylrecht de facto abgeschafft worden wäre. „Frau Merkel ist oft sehr freundlich. Aber manches täuscht eben. Und sie ist eben freundlich, wenn man sie mit Herrn Seehofer vergleicht. Aber mit wem kann man schon den Seehofer vergleichen“, sagte Stegner mit Blick auf Bayerns Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU).
Uekermann wirft SPD vor, sie „durch den Dreck zu ziehen“
Die Juso-Chefin warf Gabriel vor, Fraktionschef Thomas Oppermann und Fraktionsvize Hubertus Heil vorzuschicken, um sie „durch den Dreck zu ziehen“. Sie werde sich nicht einschüchtern lassen durch Facebook-Einträge oder Pressestatements. „Wer, wenn nicht wir Jusos können Gabriel klare Grenzen aufzeigen?“, fragte sie.
„Juso-Bundesvorsitzende geht CDU-Vorsitzender auf den Leim und fällt eigener Partei in den Rücken. Unlogisch, unsolidarisch, unklug“, hatte der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Hubertus Heil schin am Morgen getwittert. SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi erklärte in Berlin: „Ich höre wohl schlecht: Jusos loben die Kanzlerin?“ Sie würden damit die Frau loben, die die Transitzonen von CSU-Chef Horst Seehofer unterstützt habe, die den Familiennachzug für Syrer nicht wolle und die schwangeren, minderjährigen und behinderten Flüchtlingen keine angemessene medizinische Versorgung geben wolle.
SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sagte der „Rheinischen Post“, Uekermann habe sich „total verrannt“. Sie sei „konsequent unsolidarisch und wirklichkeitsfern“.
Im neuen Logo der Jusos ist die SPD gestrichen
Die Jungsozialisten haben ihr Logo modernisiert und wollen damit auch die Eigenständigkeit als SPD-Nachwuchsverband bekräftigen. Die traditionelle rote Rose in der kräftiger gestalteten Faust ist in dem neuen Schriftzug geblieben, rückte aber aus der Mitte nach links vor das Wort „JUSOS“. Weggefallen ist dagegen der Zusatz „in der SPD“. „Das neue Logo ist einfach zeitgemäßer und macht klar, dass die Jusos viel mehr sind als eine Rekrutierungsstelle für neue SPD-Mitglieder“, begründete Juso-Chefin Johanna Uekermann die Erneuerung. (AFP/dpa)